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10.10. - 27.10.2004

 
Alltagsarbeiten? Kaum zu glauben, doch diese gibt es auch bei uns. Lediglich die Umgebung ist paradiesisch, die Arbeit bleibt die gleiche. Ein grosser Unterschied besteht darin, dass unsere Alltagsarbeiten mit viel Hand(Fuss)arbeit und Schweiss verbunden sind. Wie wäre es zum Beispiel mit der Reinigung sämtlicher Bettwäsche? Wie sah das vor ein paar Jahren in der Schweiz aus?
1. Betten abziehen
2. Alles in die Waschküche tragen
3. Törchen öffnen
4. Schmutzige Wäsche hineinlegen
5. Törchen schliessen
6. Waschmittel einfüllen
7. Knopf drücken
8. Eine Stunde später die saubere, frisch duftende Wäsche aus der Trommel nehmen
9. Aufhängen
10. Fertig
 
So stellen wir uns das Paradies vor! Bei uns sieht die Sache wie folgt aus:
1. Betten abziehen
2. Matratzen an Deck hieven, ausklopfen und zum auslüften an Deck verteilen
3. Schmutzige Wäsche in den grossen schwarzen Bottich legen
4. Alle leeren Eimer und Waschmittel zusammen suchen
5. Alles ins Beiboot verfrachten
6. An Land paddeln
7. Alles aus dem Beiboot zu den Wassertanks schleppen
8. Schwarzen Bottich mit Wasser füllen
9. Waschmittel beigeben
10. Bettlaken einweichen
11. In den Bottich stehen und kräftig mit den Füssen stampfen
12. Wäsche auswringen und in einen leeren Bottich legen
13. Frisches Wasser in den schwarzen Bottich geben
14. Wäsche beigeben und ausspülen
15. Die letzten drei Punkte drei Mal wiederholen
16. Wäsche auswringen

17.

Seil zwischen den Palmen spannen
18. Wäsche aufhängen
19. Wenn etwas in den Sand fällt: Bei Punkt 8 wieder anfangen…
 
Nur aber schnell ins warme Wasser springen und den Schweiss vom Körper waschen. Wir sind schliesslich im Paradies…!
Ein letztes Mal segle ich mit dem Dingi nach Home Island, um dort weitere Briefe aufzugeben und noch einmal nach Post zu fragen. Vielleicht hat der Postkönig von Cocos ja noch weitere Karten, Briefe oder Pakete gefunden. Er überreicht mir tatsächlich eine Ansichtskarte… Viel hat der Supermarkt nicht zu bieten. Trotzdem erstehe ich drei Kilo Karotten, drei Kilo Kartoffeln und 30 Eier. Alles ist gekühlt und ich bin gespannt wie lange sich das Gemüse an Bord halten wird. Unser Kühlschrank ist immer noch sehr voll und wir werden die gekauften Dinge nicht alle in ihm verstauen können.
Auf dem Rückweg zum Dingi sticht mir der Spruch eines Aufkleber in die Augen: „Work Is For People Who Don't Know How To Fish" Könnte man treffender die Arbeitssituation des Atolls beschreiben? Stellt sich nur die Frage, ob die Menschen hier wirklich nicht arbeiten wollen. Das pflastern der Dorfstrassen ist auf alle Fälle ein Programm, welches den Menschen Arbeit geben soll. Sogar die Steine werden auf der Insel hergestellt.
Was fehlt noch, bevor wir in See stechen können? Abfall verbrennen, Kanister mit Wasser füllen und eine Gesamtreinigung unserer Körper mit Süsswasser. Eine Dusche gibt es natürlich nicht. Die Kinder stecken wir in den schwarzen universal Bottich und stellen das ganze unter den Wasserhahn des Regenwassertanks. Jetzt dürfen/sollten sie natürlich nicht mehr in den Sand… Für Susan und mich ist es nicht ganz so einfach. Wir passen einfach nicht in den Bottich. Wir gehen in die Hocke unter den Wasserhahn und rubbeln uns sauber. Anstrengend und erfrischend zugleich.
Unser Gästebuch Eintrag für den Sitzplatz ist kreiert und hängt an einem dünnen Seil vom Balken herunter. Alle Wäsche und Duschutensilien sind im Beiboot verstaut. Das rote Becken ist randvoll mit Kokosnüssen. Diese haben wir bereits von der fasrigen Aussenhülle befreit. Den schwarzen Bottich haben wir mit ganzen Nüssen gefüllt. Sie halten sich mit der Aussenschale mehrere Monate. Alles ist erledigt und wir paddeln vom Strand zu unserem Schiff zurück.
 
Die Ankerkette rasselt über die Bugrolle, die Winsch und verschwindet im Ankerkasten. Es kleben keine Schlammklumpen am Anker. Im Gegenteil, sie ist vom Sand blank poliert. PANGAEA ist frei. Wir passieren in nächster Nähe das kleine Frachtschiff, welches vor zwei Stunden im Pass vor Anker ging. Die Mannschaft ist damit beschäftigt von der Inselbarke Container zu verladen. Sie winken uns fröhlich zu. Wir sind noch immer im Pass, als wir die Genua setzen und ausbaumen. Der Wind greift zu und PANGAEA beschleunigt. Horsburgh Island liegt quer ab. Dichter Rauch steigt zwischen den Palmen auf. Ein Buschfeuer ist am wüten. Wahrscheinlich wird es nicht gelöscht, denn die Insel ist unbewohnt. Die Palmen verschwinden hinter dem Horizont und wir sind alleine. Der beissende Rauch liegt noch lange in der Luft.
 
Die Wellen laufen von achtern auf unser Schiff zu, heben es in die Höhe und bringen es arg zum Schaukeln. Unangenehme Bewegungen für den Magen. Susan bekommen die Wellen gar nicht und die ersten drei Tage liebt sie vor allem die horizontale Lage in der Koje. Die Kinder sind wohl auf, quirlig und lebendig. Sie rennen im Cockpit herum und nutzen jede Welle aus, um schneller von der einen Seite auf die andre zu gelangen. Sie können auch Stunden lang in der Bugkoje verweilen und miteinander spielen. Bei mir rebelliert der Magen nur, wenn ich zu lange am Computer und an der Funke sitze. Ein paar Minuten an der frischen Luft im Cockpit genügen meistens, um alles wieder zu beruhigen.
Aber auch bei Susan verfliegt das Unwohlsein nach ein paar Tagen und sie ist wieder ganz die Alte mit viel Energie und Phantasie. Sie holt sich aus der Werkzeugtasche einen Hammer und verschwindet damit in der Pantry. Was um alles in der Welt hat sie mit diesem Werkzug vor? Klopf, klopf, klopf, knirsch… Neugierig schaue ich ihr über die Schulter und dann ist alles klar. Susan öffnet mit dem Hammer die Kokosnuss. Ein paar gezielte Schläge rund um die harte Schale und die Nuss bekommt einen Sprung. Jetzt braucht man nur noch ein stabiles Messer in den Spalt zu schieben und offen ist sie. Anina steht mit einem Becher bereit. Sie wartet auf das trübe Kokoswasser, das schnell in ihrem Bauch verschwindet. Das weisse Fruchtfleisch wird mit einem Messer schnitzförmig herausgestochen.
Alles von einer Kokosnuss kann verwertet werden. Die fasrige Hülle kann als Heizmaterial verwendet werden. Das Kokoswasser schmeckt erfrischend. Die harte, runde Nuss ist die ideale Verpackung für Geschenke oder einen Adventskalender (schon bald ist Dezember) und aus dem weissen Fruchtfleisch lassen sich die verschiedenartigsten Dinge zubereiten.
Da wäre zum Beispiel Kokosmilch (Lolo), welche jede Reis-, Fisch- oder Fleischspeise verfeinert: Das weisse Fleisch der Kokosnuss fein raspeln und mit einer Tasse heissen Wasser übergiessen. Die Masse kräftig kneten und dann die Milch herauspressen.
Die geraffelte Kokosnuss kann als Zusatz für das Zmorgenmüesli verwendet werden oder dient als Zutat zur Herstellung feiner Guetzli. Es ist wie Weihnachten und ein feiner Duft strömt durch den Bauch von PANGAEA.
 
Eine Woche ist verstrichen, seit wir Cocos verlassen haben. In dieser Zeit haben wir nur ein einziges Mal die Positionslichter eines anderen Schiffes gesehen. Es ist sehr einsam auf den grossen Ozeanen. Die Wahrscheinlichkeit, irgendwo auf ein anderes Schiff zu treffen ist sehr klein. Nur wenn man sich einer der wichtigen Schiffahrtsrouten nähert, wird der Verkehr stärker. Wir sind weit weg von diesen Routen.
Jeden Morgen versuchen wir uns auf dem Down Wind Funknetz zu melden. Hier haben sich Segler zusammengeschlossen, die den Indischen Ozean überqueren. Die meisten Schiffe sind auf der Fahrt nach Mauritius, Rodrigues, oder Madagaskar. Entsprechend weit sind die Schiffe von uns entfernt. Nie hören wir ein Schiff, welches in Chagos vor Anker liegt oder sich auf dem Weg dorthin befindet. Einige der Boote auf dem Netz waren in Chagos. Ob wir dort noch Segler antreffen werden können wir nicht in Erfahrung bringen. Vielleicht sind wir ganz alleine dort.
Der Wind bläst ständig von achtern (hinten) auf unser Schiff. Die ausgebaumte Genua zieht unverändert am Vorstag und an der Schote. Kein einziges Mal haben wir das Segel bis jetzt angerührt. Warum auch? Segelwechsel sind anstrengend und mit viel Arbeit verbunden und diese Arbeit wollen wir wo immer möglich vermeiden. Doch irgendwann kommen wir nicht mehr darum herum. Der Wind dreht immer mehr von Südost auf Ost. Wir können unseren Kurs nicht mehr halten. Die Genua muss auf die andere Seite. Also an die Arbeit.
Als erstes löst Susan die Schote ein wenig, damit alle Taue weniger straff gespannt sind und ich den Baum am Baumbeschlag lösen kann. Jetzt heisst es Warten, bis die Selbststeueranlage das Schiff so in den Wind dreht, dass der Wind nicht direkt von achtern weht. Nun braucht es einige Kraft, um den Baum aus der Befestigungspfanne zu ziehen. Den Baum lege ich auf die Reeling, löse alle Taue, drehe den Baum und befestige die drei Taue wieder an seiner Spitze. In der Zwischenzeit fährt Susan eine Halse und bringt die Genua auf die andere Seite. Jetzt muss ich nur noch die Schote beim Baum wieder einhaken, den Baum nach aussen drücken, alle Taue an Deck befestigen und die Schote wieder dicht nehmen. Nach etwa einer halben Stunde ist das Manöver fertig. Alles ganz einfach, wenn das Vordeck ganz ruhig und still wäre. Doch das Tanzparkett bewegt sich in alle Richtungen und zum Festhalten fehlt eine dritte Hand. Die zwei vorhandenen halten den Baum fest. Einen halben Tag später hat der Wind wieder auf Südost zurück gedreht…
Solche Manöver fahren wir prinzipiell nur am Tag. Es ist unwichtig, wenn wir eine ganze Nacht nicht exakt auf der Kurslinie fahren. Die Distanzen mit mehreren 100 Seemeilen sind so gross, so dass auch eine Abweichung von mehreren Seemeilen nicht gross in Gewicht fällt. Anders sieht es aus, wenn der Wind immer mehr zulegt und eine Reduktion der Segelfläche verlangt. Das passiert grundsätzlich in der Nacht und verbietet einen Aufschub bis zum Morgengrauen.
Es ist wieder einmal so weit. Der Wind heult immer lauter durch die Wanten und der Windgenerator dreht in einem Drehzahlbereich, der unangenehm laut ist. PANGAEA rauscht mit unheimlicher Geschwindigkeit durch die Wellen. Eindeutige Zeichen, die Segelfläche zu verringern. Susan habe ich bereits geweckt. Nur ungern schlüpft sie aus ihrer Koje. Die Kinder schlafen friedlich und scheinen nichts vom starken Wind zu merken.
Susan macht sich bereit. Sie zieht sich die Regenhose, Stiefel und den Lifebelt an. Sie hakt sich in die Lifeline ein und hangelt sich nach vorne. Der Motor läuft und ist eingekuppelt. Die Selbststeueranlage ist ausgehängt und ich stehe am Ruder. Die Bilder vom Schlag im Norden von Australien kommen mir wieder in den Sinn. Wir haben aus dem damaligen Manöver viel gelernt und packen die Sache gelassener und besser vorbereitet an. Trotzdem habe ich ein mulmiges Gefühl.
Langsam drehe ich das Schiff mit dem Heck durch den Wind. Das Segel fällt ein und mit einem lauten Knall schnellt es Richtung Mast. Ich löse das Fall und Susan beginnt am Segel zu ziehen. Gleichzeitig löse ich die Schote und steuere das Schiff. Susan verschwindet unter einem Berg von Segelstoff. Es hat funktioniert! Das Segel liegt auf dem Vordeck und der Baum ist wo er hingehört: In der Luft und nicht im Wasser.
Susan ist zurück im Cockpit und setzt sich erschöpft hin. Sie hat hart gearbeitet und viel Kraft für ihre Aufgabe gebraucht. Mein Job verlangte vor allem Konzentration, damit das Schiff nicht aus dem Ruder lief. Jetzt ist alles erledigt. Fehlt nur noch, den Motor abzustellen und die Windselbststeueranlge wieder einzuhängen. Die über 13 Tonnen schwere PANGAEA ist trotz des kleinen Segels mit über sechs Knoten unterwegs. Es war also richtig, die Segelfläche zu verkleinern. Am nächsten Morgen staunen die Kinder, dass plötzlich ein kleineres Segel gesetzt ist.
 
Der starke Wind hält nicht ewig an und nach 24 Stunden können wir bereits wieder die Genua setzen. Der Wind kommt direkt von hinten und wir setzen am zweiten Vorstag gleichzeitig die Fock. Als Schmetterling ziehen wir über das immer ruhiger werdende Wasser unserem Ziel entgegen. Diese Art des Segelns wird auch Passat-Segeln oder im Englischen „Down Wind Sailing" genannt. Pro Tag legen wir nicht mehr wie am Anfang 150 Seemeilen zurück sondern nur noch 70. Doch bei dem leichten Wind staunen wir ab diesem Etmal. Es ist herrlich, so unterwegs zu sein und wir geniessen es sehr.
Seit es Susan wieder ausgezeichnet geht, verbringe ich die meiste Zeit pro Tag hinter dem Bildschirm und schreibe, bis mir die Finger weh tun. Ich bin mit den Artikeln für die Homepage im Rückstand und diesen möchte ich bis Chagos wett gemacht haben. Es ist nicht immer einfach, in die Welt der Buchstaben abzutauchen. Trotz Gehörschutz dringen die oft sirenenähnlichen Aufschreie meiner Jungmannschaft bis an meine Ohren. Ist es Nachmittag und war die Tagwach der Kinder bereits um fünf Uhr in der Früh, nimmt ein kleines Problemchen oft die Ausmasse eines Problemelefanten an. Vor allem dann, wenn Anina genau das gleiche Stück Schnur braucht, wie Noemi und Sina mit besagtem Stück das Weite sucht… „Ruhe auf dem Schiff, sonst gibt es eine Abkühlung!"
„Bade, bade, bade!" ist die einzige Antwort unserer Jüngsten auf diese Androhung und schon steht sie splitternackt beim Niedergang. Das geht bei ihr sowieso blitzschnell, denn bei den herrschenden Temperaturen von über 30°C springt sie meistens nur noch in den Unterhosen herum. Der Rest der Mann(Frau)schaft übrigens auch.
Bedächtig zieht PANGAEA dahin. Das Wasser leuchtet tief blau und ist glasklar. Ich halte Sina fest an den Oberarmen und halte sie von der Badeplattform ins Wasser. Sie quietscht vor Freude und beginnt mit den Beinen wie wild zu strampeln und zu spritzen. Sobald ich sie aus dem Nass ziehe reklamiert sie lautstark und verlangt augenblicklich zurück ins Wasser gehoben zu werden. Ich glaube, sie könnte Stundenlang im strömenden Wasser planschen. Meine Arme wären dann sicher einen Meter länger. Diesen Spass lassen sich die zwei älteren Mädels natürlich nicht entgehen und schon stehen auch sie am Heck des Schiffes, bereit für ihre Abkühlung. Das nächste Mal bin ich mit meiner Wortwahl etwas vorsichtiger. Doch ich muss gestehen, dass es ein angenehmes Gefühl ist, die Beine über die Badeplattform hängen zu haben und die Füsse im kühlen Nass zu spüren. Das Wasser gurgelt um die Zehen und wilde Luftblasen entstehen.
 
Nur die zwei gesetzten Segeln ziehen unser Schiff vorwärts. Den Motor brauchen wir zur Fortbewegung nicht. Trotzdem müssen wir ihn täglich für eine Stunde laufen lassen, um unseren enormen Energieverbrauch zu decken. Der Computer ist ein Stromfresser und wenn ich den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitze, sind entsprechend die Batterien leer. Jeden Abend nach dem Eindunkeln ist zusätzlich das Funkgerät für mehrere Stunden im Dauereinsatz, was entsprechend Strom braucht. Das Funkgerät brauchen wir, um Emails zu senden und zu empfangen. Gesendet werden im Moment hauptsächlich die neuen Bilder und Texte für die Homepage. Ich bekomme Verbindung zu den unterschiedlichsten Landstationen: Bangkok, Doha, Durban, Perth und seit kurzem auch Eisenstadt. Es ist für mich jedesmal erstaunlich, welch grosse Distanzen ich mit unserem kleinen Funkgerät überbrücken kann. Heute Abend sind wieder drei Packete von insgesamt 13 für das nächste Aktuell durch die Luft gegangen.
Je mehr wir uns Chagos nähern, desto mehr nimmt der Wind ab. Dieser Umstand war uns von Anfang an bewusst. Wir sind am Ende der Saison unterwegs und je näher wir dem Äquator kommen, desto mehr wird der stetige Tradewind aus Südost abnehmen. Ein anderes Indiz für die Übergangszeit vom SW auf den NE Monsun sind die vielen Regenwolken um uns herum. Bis jetzt hat uns noch keine getroffen. Irgendwie haben sie immer einen Weg um uns herum gefunden.
Ich sitze gemütlich bei meiner Nachtwache im Cockpit und studiere einen Zeitungsartikel, der mir mein Vater nach Darwin geschickt hat. Computer- und Funkarbeit sind abgeschlossen. Plötzlich spüre ich einen Tropfen auf meinem Nacken. Ich schalte das Licht aus und suche den Horizont ab. Vor PANGAEA erhellt der Mond die Wasseroberfläche, doch hinter uns steht ein schwarze Wand. Der Windgenerator beginnt zu surren und die Regentropfen fallen immer dichter. Ich habe gerade noch Zeit, alle Kissen in den Salon zu schaffen und alle Luken zu schliessen, als es wie aus Eimern zu giessen beginnt. Der Regenguss dauert keine halbe Stunde, dann glänzen wieder die Sterne am Himmel.
 
Wir sind noch 70 Seemeilen von Salomon Island im Chagos Archipelago entfernt. Die Genua schlägt immer wieder. Nur ein leichter Windhauch regt sich. Auch die schwarzen Regenwolken ziehen unendlich langsam dahin. Eine steuert direkt auf uns zu. Der Regen fällt senkrecht vom Himmel und ich springe geschwind auf Deck um mir eine Naturdusche zu gönnen. Welch eine Wohltat. Susan schliesst sich an, doch unsere Kinder verspielen diese feine Abkühlung. Erst als der Regen nachlässt, strecken sie ihren Kopf aus dem Niedergang.
Der Wind zieht PANGAEA lediglich mit einem bis zwei Knoten durchs Wasser. Bei dieser Geschwindigkeit brauchen wir noch etliche Tage, um unser Ziel zu erreichen. Am nächsten Morgen zeigt das GPS noch 20 Meilen und eine Geschwindigkeit von 0.5 Knoten an. Wir entschliessen uns, den Motor zu starten und die restlichen Seemeilen mit Maschinenkraft zu bewältigen. Den Batterien wird dieser Stromstoss sicher auch gut tun.
Susan hat die besten Augen und erspäht als erste die Palmwipfel des Atolls. Es vergehen weitere vier Stunden, bis wir uns endlich dem Pass nähern, der uns in die Lagune führen wird. Die Sonne steht hoch am Himmel, ideal also, um in ein Atoll einzufahren. Doch das Wasser ist wie eine Spiegel und die Korallenstöcke fast nicht zu sehen. Langsam tasten wir uns vor. Der Pass liegt hinter uns und wir befinden uns in der Lagune. Am anderen Ende des Atolls entdecken wir die Masten von vier Segelschiffen. Wir entschliessen uns, als erstes zu diesen Schiffen zu fahren und dort zu ankern.
Susan steht am Bug und versucht Untiefen zu erkennen. Ich stehe am Steuer, ein Auge auf den Tiefenmeter und ein Auge auf Susan gerichtet. Plötzlich wird es rasant seichter. Ich lege den Rückwärtsgang ein und gebe Schub. In diesem Moment reagiert auch Susan. Ein leichter Schlag ist zu spüren, dann sind wir über die Untiefe hinweg. Wir haben mit dem Kiel den Korallenstock touchiert. Die Grundberührung war nicht heftig und wir haben ja ein Stahlschiff… Ein wenig mulmig ist mir schon und wir fahren nur noch im Schneckentempo weiter. Das Wasser ist wie ein Spiegel und Untiefen praktisch nicht zu sehen.
Endlich sind wir in der Nähe der Insel und der anderen Yachten. Unser Anker ist auf dem Grund. Wir sind am Ziel und unser Logbuch ist um 1580 Seemeilen reicher.
 
stampfen
 
Down Wind
 
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Regenguss
 
letztes
 
Salomon Island (Chagos)
 
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