| Logbuch SY PANGAEA / Indian Ocean | 
  
   
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       10.10. - 27.10.2004 
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    | Alltagsarbeiten? Kaum zu glauben, doch diese gibt es 
      auch bei uns. Lediglich die Umgebung ist paradiesisch, die Arbeit bleibt 
      die gleiche. Ein grosser Unterschied besteht darin, dass unsere Alltagsarbeiten 
      mit viel Hand(Fuss)arbeit und Schweiss verbunden sind. Wie wäre es 
      zum Beispiel mit der Reinigung sämtlicher Bettwäsche? Wie sah 
      das vor ein paar Jahren in der Schweiz aus? | 
  
   
     
      
         
          | 1. | 
          Betten abziehen' | 
         
         
          | 2. | 
          Alles in die Waschküche tragen | 
         
         
          | 3. | 
          Törchen öffnen | 
         
         
          | 4. | 
          Schmutzige Wäsche hineinlegen | 
         
         
          | 5. | 
          Törchen schliessen | 
         
         
          | 6. | 
          Waschmittel einfüllen | 
         
         
          | 7. | 
          Knopf drücken  | 
         
         
          | 8. | 
          Eine Stunde später die saubere, frisch duftende 
            Wäsche aus der Trommel nehmen | 
         
         
          | 9. | 
          Aufhängen | 
         
         
          | 10. | 
          Fertig | 
         
       
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    | So stellen wir uns das Paradies vor! Bei uns sieht die 
      Sache wie folgt aus: | 
  
   
     
      
         
          | 1. | 
          Betten abziehen | 
         
         
          | 2. | 
          Matratzen an Deck hieven, ausklopfen und zum auslüften 
            an Deck verteilen | 
         
         
          | 3. | 
          Schmutzige Wäsche in den grossen schwarzen Bottich 
            legen | 
         
         
          | 4. | 
          Alle leeren Eimer und Waschmittel zusammen suchen | 
         
         
          | 5. | 
          Alles ins Beiboot verfrachten | 
         
         
          | 6. | 
          An Land paddeln | 
         
         
          | 7. | 
          Alles aus dem Beiboot zu den Wassertanks schleppen | 
         
         
          | 8. | 
          Schwarzen Bottich mit Wasser füllen | 
         
         
          | 9. | 
          Waschmittel beigeben | 
         
         
          | 10. | 
          Bettlaken einweichen | 
         
         
          | 11. | 
          In den Bottich stehen und kräftig mit den Füssen 
            stampfen | 
         
         
          | 12. | 
          Wäsche auswringen und in einen leeren Bottich 
            legen | 
         
         
          | 13. | 
          Frisches Wasser in den schwarzen Bottich geben | 
         
         
          | 14. | 
          Wäsche beigeben und ausspülen | 
         
         
          | 15. | 
          Die letzten drei Punkte drei Mal wiederholen | 
         
         
          | 16. | 
          Wäsche auswringen | 
         
         
          |  
             17. 
           | 
          Seil zwischen den Palmen spannen | 
         
         
          | 18. | 
          Wäsche aufhängen | 
         
         
          | 19. | 
          Wenn etwas in den Sand fällt: Bei Punkt 8 wieder 
            anfangen
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    | Nur aber schnell ins warme Wasser springen und den Schweiss 
      vom Körper waschen. Wir sind schliesslich im Paradies
! | 
  
   
    | Ein letztes Mal segle ich mit dem Dingi nach Home Island, 
      um dort weitere Briefe aufzugeben und noch einmal nach Post zu fragen. Vielleicht 
      hat der Postkönig von Cocos ja noch weitere Karten, Briefe oder Pakete 
      gefunden. Er überreicht mir tatsächlich eine Ansichtskarte
 
      Viel hat der Supermarkt nicht zu bieten. Trotzdem erstehe ich drei Kilo 
      Karotten, drei Kilo Kartoffeln und 30 Eier. Alles ist gekühlt und ich 
      bin gespannt wie lange sich das Gemüse an Bord halten wird. Unser Kühlschrank 
      ist immer noch sehr voll und wir werden die gekauften Dinge nicht alle in 
      ihm verstauen können. | 
  
   
    | Auf dem Rückweg zum Dingi sticht mir der Spruch 
      eines Aufkleber in die Augen: Work Is For People Who Don't Know How 
      To Fish" Könnte man treffender die Arbeitssituation des Atolls 
      beschreiben? Stellt sich nur die Frage, ob die Menschen hier wirklich nicht 
      arbeiten wollen. Das pflastern der Dorfstrassen ist auf alle Fälle 
      ein Programm, welches den Menschen Arbeit geben soll. Sogar die Steine werden 
      auf der Insel hergestellt. | 
  
   
    | Was fehlt noch, bevor wir in See stechen können? 
      Abfall verbrennen, Kanister mit Wasser füllen und eine Gesamtreinigung 
      unserer Körper mit Süsswasser. Eine Dusche gibt es natürlich 
      nicht. Die Kinder stecken wir in den schwarzen universal Bottich und stellen 
      das ganze unter den Wasserhahn des Regenwassertanks. Jetzt dürfen/sollten 
      sie natürlich nicht mehr in den Sand
 Für Susan und mich 
      ist es nicht ganz so einfach. Wir passen einfach nicht in den Bottich. Wir 
      gehen in die Hocke unter den Wasserhahn und rubbeln uns sauber. Anstrengend 
      und erfrischend zugleich. | 
  
   
    | Unser Gästebuch Eintrag für den Sitzplatz ist 
      kreiert und hängt an einem dünnen Seil vom Balken herunter. Alle 
      Wäsche und Duschutensilien sind im Beiboot verstaut. Das rote Becken 
      ist randvoll mit Kokosnüssen. Diese haben wir bereits von der fasrigen 
      Aussenhülle befreit. Den schwarzen Bottich haben wir mit ganzen Nüssen 
      gefüllt. Sie halten sich mit der Aussenschale mehrere Monate. Alles 
      ist erledigt und wir paddeln vom Strand zu unserem Schiff zurück. | 
  
   
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    | Die Ankerkette rasselt über die Bugrolle, die Winsch 
      und verschwindet im Ankerkasten. Es kleben keine Schlammklumpen am Anker. 
      Im Gegenteil, sie ist vom Sand blank poliert. PANGAEA ist frei. Wir passieren 
      in nächster Nähe das kleine Frachtschiff, welches vor zwei Stunden 
      im Pass vor Anker ging. Die Mannschaft ist damit beschäftigt von der 
      Inselbarke Container zu verladen. Sie winken uns fröhlich zu. Wir sind 
      noch immer im Pass, als wir die Genua setzen und ausbaumen. Der Wind greift 
      zu und PANGAEA beschleunigt. Horsburgh Island liegt quer ab. Dichter Rauch 
      steigt zwischen den Palmen auf. Ein Buschfeuer ist am wüten. Wahrscheinlich 
      wird es nicht gelöscht, denn die Insel ist unbewohnt. Die Palmen verschwinden 
      hinter dem Horizont und wir sind alleine. Der beissende Rauch liegt noch 
      lange in der Luft. | 
  
   
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    | Die Wellen laufen von achtern auf unser Schiff zu, heben 
      es in die Höhe und bringen es arg zum Schaukeln. Unangenehme Bewegungen 
      für den Magen. Susan bekommen die Wellen gar nicht und die ersten drei 
      Tage liebt sie vor allem die horizontale Lage in der Koje. Die Kinder sind 
      wohl auf, quirlig und lebendig. Sie rennen im Cockpit herum und nutzen jede 
      Welle aus, um schneller von der einen Seite auf die andre zu gelangen. Sie 
      können auch Stunden lang in der Bugkoje verweilen und miteinander spielen. 
      Bei mir rebelliert der Magen nur, wenn ich zu lange am Computer und an der 
      Funke sitze. Ein paar Minuten an der frischen Luft im Cockpit genügen 
      meistens, um alles wieder zu beruhigen. | 
  
   
    | Aber auch bei Susan verfliegt das Unwohlsein nach ein 
      paar Tagen und sie ist wieder ganz die Alte mit viel Energie und Phantasie. 
      Sie holt sich aus der Werkzeugtasche einen Hammer und verschwindet damit 
      in der Pantry. Was um alles in der Welt hat sie mit diesem Werkzug vor? 
      Klopf, klopf, klopf, knirsch
 Neugierig schaue ich ihr über die 
      Schulter und dann ist alles klar. Susan öffnet mit dem Hammer die Kokosnuss. 
      Ein paar gezielte Schläge rund um die harte Schale und die Nuss bekommt 
      einen Sprung. Jetzt braucht man nur noch ein stabiles Messer in den Spalt 
      zu schieben und offen ist sie. Anina steht mit einem Becher bereit. Sie 
      wartet auf das trübe Kokoswasser, das schnell in ihrem Bauch verschwindet. 
      Das weisse Fruchtfleisch wird mit einem Messer schnitzförmig herausgestochen. | 
  
   
    | Alles von einer Kokosnuss kann verwertet werden. Die 
      fasrige Hülle kann als Heizmaterial verwendet werden. Das Kokoswasser 
      schmeckt erfrischend. Die harte, runde Nuss ist die ideale Verpackung für 
      Geschenke oder einen Adventskalender (schon bald ist Dezember) und aus dem 
      weissen Fruchtfleisch lassen sich die verschiedenartigsten Dinge zubereiten. | 
  
   
    | Da wäre zum Beispiel Kokosmilch (Lolo), welche jede 
      Reis-, Fisch- oder Fleischspeise verfeinert: Das weisse Fleisch der Kokosnuss 
      fein raspeln und mit einer Tasse heissen Wasser übergiessen. Die Masse 
      kräftig kneten und dann die Milch herauspressen. | 
  
   
    | Die geraffelte Kokosnuss kann als Zusatz für das 
      Zmorgenmüesli verwendet werden oder dient als Zutat zur Herstellung 
      feiner Guetzli. Es ist wie Weihnachten und ein feiner Duft strömt durch 
      den Bauch von PANGAEA. | 
  
   
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    | Eine Woche ist verstrichen, seit wir Cocos verlassen 
      haben. In dieser Zeit haben wir nur ein einziges Mal die Positionslichter 
      eines anderen Schiffes gesehen. Es ist sehr einsam auf den grossen Ozeanen. 
      Die Wahrscheinlichkeit, irgendwo auf ein anderes Schiff zu treffen ist sehr 
      klein. Nur wenn man sich einer der wichtigen Schiffahrtsrouten nähert, 
      wird der Verkehr stärker. Wir sind weit weg von diesen Routen. | 
  
   
    | Jeden Morgen versuchen wir uns auf dem Down Wind Funknetz 
      zu melden. Hier haben sich Segler zusammengeschlossen, die den Indischen 
      Ozean überqueren. Die meisten Schiffe sind auf der Fahrt nach Mauritius, 
      Rodrigues, oder Madagaskar. Entsprechend weit sind die Schiffe von uns entfernt. 
      Nie hören wir ein Schiff, welches in Chagos vor Anker liegt oder sich 
      auf dem Weg dorthin befindet. Einige der Boote auf dem Netz waren in Chagos. 
      Ob wir dort noch Segler antreffen werden können wir nicht in Erfahrung 
      bringen. Vielleicht sind wir ganz alleine dort. | 
  
   
    | Der Wind bläst ständig von achtern (hinten) 
      auf unser Schiff. Die ausgebaumte Genua zieht unverändert am Vorstag 
      und an der Schote. Kein einziges Mal haben wir das Segel bis jetzt angerührt. 
      Warum auch? Segelwechsel sind anstrengend und mit viel Arbeit verbunden 
      und diese Arbeit wollen wir wo immer möglich vermeiden. Doch irgendwann 
      kommen wir nicht mehr darum herum. Der Wind dreht immer mehr von Südost 
      auf Ost. Wir können unseren Kurs nicht mehr halten. Die Genua muss 
      auf die andere Seite. Also an die Arbeit. | 
  
   
    | Als erstes löst Susan die Schote ein wenig, damit 
      alle Taue weniger straff gespannt sind und ich den Baum am Baumbeschlag 
      lösen kann. Jetzt heisst es Warten, bis die Selbststeueranlage das 
      Schiff so in den Wind dreht, dass der Wind nicht direkt von achtern weht. 
      Nun braucht es einige Kraft, um den Baum aus der Befestigungspfanne zu ziehen. 
      Den Baum lege ich auf die Reeling, löse alle Taue, drehe den Baum und 
      befestige die drei Taue wieder an seiner Spitze. In der Zwischenzeit fährt 
      Susan eine Halse und bringt die Genua auf die andere Seite. Jetzt muss ich 
      nur noch die Schote beim Baum wieder einhaken, den Baum nach aussen drücken, 
      alle Taue an Deck befestigen und die Schote wieder dicht nehmen. Nach etwa 
      einer halben Stunde ist das Manöver fertig. Alles ganz einfach, wenn 
      das Vordeck ganz ruhig und still wäre. Doch das Tanzparkett bewegt 
      sich in alle Richtungen und zum Festhalten fehlt eine dritte Hand. Die zwei 
      vorhandenen halten den Baum fest. Einen halben Tag später hat der Wind 
      wieder auf Südost zurück gedreht
 | 
  
   
    | Solche Manöver fahren wir prinzipiell nur am Tag. 
      Es ist unwichtig, wenn wir eine ganze Nacht nicht exakt auf der Kurslinie 
      fahren. Die Distanzen mit mehreren 100 Seemeilen sind so gross, so dass 
      auch eine Abweichung von mehreren Seemeilen nicht gross in Gewicht fällt. 
      Anders sieht es aus, wenn der Wind immer mehr zulegt und eine Reduktion 
      der Segelfläche verlangt. Das passiert grundsätzlich in der Nacht 
      und verbietet einen Aufschub bis zum Morgengrauen. | 
  
   
    | Es ist wieder einmal so weit. Der Wind heult immer lauter 
      durch die Wanten und der Windgenerator dreht in einem Drehzahlbereich, der 
      unangenehm laut ist. PANGAEA rauscht mit unheimlicher Geschwindigkeit durch 
      die Wellen. Eindeutige Zeichen, die Segelfläche zu verringern. Susan 
      habe ich bereits geweckt. Nur ungern schlüpft sie aus ihrer Koje. Die 
      Kinder schlafen friedlich und scheinen nichts vom starken Wind zu merken. | 
  
   
    | Susan macht sich bereit. Sie zieht sich die Regenhose, 
      Stiefel und den Lifebelt an. Sie hakt sich in die Lifeline ein und hangelt 
      sich nach vorne. Der Motor läuft und ist eingekuppelt. Die Selbststeueranlage 
      ist ausgehängt und ich stehe am Ruder. Die Bilder vom Schlag im Norden 
      von Australien kommen mir wieder in den Sinn. Wir haben aus dem damaligen 
      Manöver viel gelernt und packen die Sache gelassener und besser vorbereitet 
      an. Trotzdem habe ich ein mulmiges Gefühl. | 
  
   
    | Langsam drehe ich das Schiff mit dem Heck durch den Wind. 
      Das Segel fällt ein und mit einem lauten Knall schnellt es Richtung 
      Mast. Ich löse das Fall und Susan beginnt am Segel zu ziehen. Gleichzeitig 
      löse ich die Schote und steuere das Schiff. Susan verschwindet unter 
      einem Berg von Segelstoff. Es hat funktioniert! Das Segel liegt auf dem 
      Vordeck und der Baum ist wo er hingehört: In der Luft und nicht im 
      Wasser. | 
  
   
    | Susan ist zurück im Cockpit und setzt sich erschöpft 
      hin. Sie hat hart gearbeitet und viel Kraft für ihre Aufgabe gebraucht. 
      Mein Job verlangte vor allem Konzentration, damit das Schiff nicht aus dem 
      Ruder lief. Jetzt ist alles erledigt. Fehlt nur noch, den Motor abzustellen 
      und die Windselbststeueranlge wieder einzuhängen. Die über 13 
      Tonnen schwere PANGAEA ist trotz des kleinen Segels mit über sechs 
      Knoten unterwegs. Es war also richtig, die Segelfläche zu verkleinern. 
      Am nächsten Morgen staunen die Kinder, dass plötzlich ein kleineres 
      Segel gesetzt ist. | 
  
   
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    | Der starke Wind hält nicht ewig an und nach 24 Stunden 
      können wir bereits wieder die Genua setzen. Der Wind kommt direkt von 
      hinten und wir setzen am zweiten Vorstag gleichzeitig die Fock. Als Schmetterling 
      ziehen wir über das immer ruhiger werdende Wasser unserem Ziel entgegen. 
      Diese Art des Segelns wird auch Passat-Segeln oder im Englischen Down 
      Wind Sailing" genannt. Pro Tag legen wir nicht mehr wie am Anfang 150 
      Seemeilen zurück sondern nur noch 70. Doch bei dem leichten Wind staunen 
      wir ab diesem Etmal. Es ist herrlich, so unterwegs zu sein und wir geniessen 
      es sehr. | 
  
   
    | Seit es Susan wieder ausgezeichnet geht, verbringe ich 
      die meiste Zeit pro Tag hinter dem Bildschirm und schreibe, bis mir die 
      Finger weh tun. Ich bin mit den Artikeln für die Homepage im Rückstand 
      und diesen möchte ich bis Chagos wett gemacht haben. Es ist nicht immer 
      einfach, in die Welt der Buchstaben abzutauchen. Trotz Gehörschutz 
      dringen die oft sirenenähnlichen Aufschreie meiner Jungmannschaft bis 
      an meine Ohren. Ist es Nachmittag und war die Tagwach der Kinder bereits 
      um fünf Uhr in der Früh, nimmt ein kleines Problemchen oft die 
      Ausmasse eines Problemelefanten an. Vor allem dann, wenn Anina genau das 
      gleiche Stück Schnur braucht, wie Noemi und Sina mit besagtem Stück 
      das Weite sucht
 Ruhe auf dem Schiff, sonst gibt es eine Abkühlung!" | 
  
   
    | Bade, bade, bade!" ist die einzige Antwort 
      unserer Jüngsten auf diese Androhung und schon steht sie splitternackt 
      beim Niedergang. Das geht bei ihr sowieso blitzschnell, denn bei den herrschenden 
      Temperaturen von über 30°C springt sie meistens nur noch in den 
      Unterhosen herum. Der Rest der Mann(Frau)schaft übrigens auch. | 
  
   
    | Bedächtig zieht PANGAEA dahin. Das Wasser leuchtet 
      tief blau und ist glasklar. Ich halte Sina fest an den Oberarmen und halte 
      sie von der Badeplattform ins Wasser. Sie quietscht vor Freude und beginnt 
      mit den Beinen wie wild zu strampeln und zu spritzen. Sobald ich sie aus 
      dem Nass ziehe reklamiert sie lautstark und verlangt augenblicklich zurück 
      ins Wasser gehoben zu werden. Ich glaube, sie könnte Stundenlang im 
      strömenden Wasser planschen. Meine Arme wären dann sicher einen 
      Meter länger. Diesen Spass lassen sich die zwei älteren Mädels 
      natürlich nicht entgehen und schon stehen auch sie am Heck des Schiffes, 
      bereit für ihre Abkühlung. Das nächste Mal bin ich mit meiner 
      Wortwahl etwas vorsichtiger. Doch ich muss gestehen, dass es ein angenehmes 
      Gefühl ist, die Beine über die Badeplattform hängen zu haben 
      und die Füsse im kühlen Nass zu spüren. Das Wasser gurgelt 
      um die Zehen und wilde Luftblasen entstehen. | 
  
   
    |   | 
  
   
    | Nur die zwei gesetzten Segeln ziehen unser Schiff vorwärts. 
      Den Motor brauchen wir zur Fortbewegung nicht. Trotzdem müssen wir 
      ihn täglich für eine Stunde laufen lassen, um unseren enormen 
      Energieverbrauch zu decken. Der Computer ist ein Stromfresser und wenn ich 
      den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitze, sind entsprechend die Batterien 
      leer. Jeden Abend nach dem Eindunkeln ist zusätzlich das Funkgerät 
      für mehrere Stunden im Dauereinsatz, was entsprechend Strom braucht. 
      Das Funkgerät brauchen wir, um Emails zu senden und zu empfangen. Gesendet 
      werden im Moment hauptsächlich die neuen Bilder und Texte für 
      die Homepage. Ich bekomme Verbindung zu den unterschiedlichsten Landstationen: 
      Bangkok, Doha, Durban, Perth und seit kurzem auch Eisenstadt. Es ist für 
      mich jedesmal erstaunlich, welch grosse Distanzen ich mit unserem kleinen 
      Funkgerät überbrücken kann. Heute Abend sind wieder drei 
      Packete von insgesamt 13 für das nächste Aktuell durch die Luft 
      gegangen. | 
  
   
    | Je mehr wir uns Chagos nähern, desto mehr nimmt 
      der Wind ab. Dieser Umstand war uns von Anfang an bewusst. Wir sind am Ende 
      der Saison unterwegs und je näher wir dem Äquator kommen, desto 
      mehr wird der stetige Tradewind aus Südost abnehmen. Ein anderes Indiz 
      für die Übergangszeit vom SW auf den NE Monsun sind die vielen 
      Regenwolken um uns herum. Bis jetzt hat uns noch keine getroffen. Irgendwie 
      haben sie immer einen Weg um uns herum gefunden. | 
  
   
    | Ich sitze gemütlich bei meiner Nachtwache im Cockpit 
      und studiere einen Zeitungsartikel, der mir mein Vater nach Darwin geschickt 
      hat. Computer- und Funkarbeit sind abgeschlossen. Plötzlich spüre 
      ich einen Tropfen auf meinem Nacken. Ich schalte das Licht aus und suche 
      den Horizont ab. Vor PANGAEA erhellt der Mond die Wasseroberfläche, 
      doch hinter uns steht ein schwarze Wand. Der Windgenerator beginnt zu surren 
      und die Regentropfen fallen immer dichter. Ich habe gerade noch Zeit, alle 
      Kissen in den Salon zu schaffen und alle Luken zu schliessen, als es wie 
      aus Eimern zu giessen beginnt. Der Regenguss dauert keine halbe Stunde, 
      dann glänzen wieder die Sterne am Himmel.  | 
  
   
    |   | 
  
   
    | Wir sind noch 70 Seemeilen von Salomon Island im Chagos 
      Archipelago entfernt. Die Genua schlägt immer wieder. Nur ein leichter 
      Windhauch regt sich. Auch die schwarzen Regenwolken ziehen unendlich langsam 
      dahin. Eine steuert direkt auf uns zu. Der Regen fällt senkrecht vom 
      Himmel und ich springe geschwind auf Deck um mir eine Naturdusche zu gönnen. 
      Welch eine Wohltat. Susan schliesst sich an, doch unsere Kinder verspielen 
      diese feine Abkühlung. Erst als der Regen nachlässt, strecken 
      sie ihren Kopf aus dem Niedergang. | 
  
   
    | Der Wind zieht PANGAEA lediglich mit einem bis zwei Knoten 
      durchs Wasser. Bei dieser Geschwindigkeit brauchen wir noch etliche Tage, 
      um unser Ziel zu erreichen. Am nächsten Morgen zeigt das GPS noch 20 
      Meilen und eine Geschwindigkeit von 0.5 Knoten an. Wir entschliessen uns, 
      den Motor zu starten und die restlichen Seemeilen mit Maschinenkraft zu 
      bewältigen. Den Batterien wird dieser Stromstoss sicher auch gut tun. | 
  
   
    | Susan hat die besten Augen und erspäht als erste 
      die Palmwipfel des Atolls. Es vergehen weitere vier Stunden, bis wir uns 
      endlich dem Pass nähern, der uns in die Lagune führen wird. Die 
      Sonne steht hoch am Himmel, ideal also, um in ein Atoll einzufahren. Doch 
      das Wasser ist wie eine Spiegel und die Korallenstöcke fast nicht zu 
      sehen. Langsam tasten wir uns vor. Der Pass liegt hinter uns und wir befinden 
      uns in der Lagune. Am anderen Ende des Atolls entdecken wir die Masten von 
      vier Segelschiffen. Wir entschliessen uns, als erstes zu diesen Schiffen 
      zu fahren und dort zu ankern. | 
  
   
    | Susan steht am Bug und versucht Untiefen zu erkennen. 
      Ich stehe am Steuer, ein Auge auf den Tiefenmeter und ein Auge auf Susan 
      gerichtet. Plötzlich wird es rasant seichter. Ich lege den Rückwärtsgang 
      ein und gebe Schub. In diesem Moment reagiert auch Susan. Ein leichter Schlag 
      ist zu spüren, dann sind wir über die Untiefe hinweg. Wir haben 
      mit dem Kiel den Korallenstock touchiert. Die Grundberührung war nicht 
      heftig und wir haben ja ein Stahlschiff
 Ein wenig mulmig ist mir schon 
      und wir fahren nur noch im Schneckentempo weiter. Das Wasser ist wie ein 
      Spiegel und Untiefen praktisch nicht zu sehen. | 
  
   
    | Endlich sind wir in der Nähe der Insel und der anderen 
      Yachten. Unser Anker ist auf dem Grund. Wir sind am Ziel und unser Logbuch 
      ist um 1580 Seemeilen reicher. | 
  
   
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    | © Susan & Christoph Manhart, SY PANGAEA  |