19.09. - 27.09.2004
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Uah! Der ununterbrochene Schlaf der vergangenen
Nacht hat gut getan. Doch wo bin ich? Fremdländischer, orientalischer
Gesang dringt an meine Ohren. Es hört sich wie ein Muezzin an,
der seine Gläubigen zum Gebet ruft. Hat es uns in der letzten
Nacht ins Rote Meer katapultiert? Ich krieche aus der Koje. Susan
und die Kinder sind schon wach und bereiten das Frühstück
vor. Schlaftrunken steige ich den Niedergang hoch und lasse meinen
Blick über die Bucht schweifen. Steil steigen die mit dichtem
Grün bewachsenen Berghänge in die Höhe. Am Ufer sind
einfache, zweistöckige Gebäude zu erkennen und gleich daneben
der Turm einer einfachen Moschee. Von dort dringt der Gesang des Muezzin
zu uns herüber. Was vor uns liegt ist Christmas Island und nicht
das Rote Meer. |
ALIISA hat bereits mit Zoll und Quarantäne
einen Termin für das Einklarieren vereinbart. Obwohl es Sonntag
ist, nehmen sich die Beamten Zeit für uns. Ungewöhnlich
ist auch, dass sie nicht zu uns an Bord kommen, sondern die ganze
Crew an Land muss. Hier setzen wir uns gemütlich an einen Picknick
Tisch und erledigen die Formulararbeit. Wir sind immer noch in Australien,
doch das Festland mit seinen strikten Regeln ist weit entfernt und
eine gewisse Gelassenheit macht sich breit. Unsere Kinder interessiert
die Papierarbeit nicht. Der Strand ist viel spannender und es gibt
viel zu entdecken. Haufenweise werden Mandeln, Flaschendeckel und
sonstige Findlinge heran geschleppt und fein säuberlich sortiert,
angeordnet und ausgestellt. |
PANGAEA schaukelt unweit des Strandes an der gelben
Mooring. Es ist eine kurze Strecke mit dem Dingi und wir entscheiden
uns, die Fahrräder und auch den Leggero an Land zu holen. Als
der Quarantäne Beamte von unserer Absicht erfährt, will
er die Räder inspizieren. Kein fremder Schmutz darf auf die Insel
gelangen
Die Begutachtung verläuft positiv und wir erhalten
grünes Licht, alles an Land zu bringen. Zwei Transporte sind
nötig, dann sind alle Teile am Strand. Die ersten neugierigen
Blicke bleiben an unseren Transportmitteln hängen, als wir sie
zusammen bauen. |
Einmal mehr hat sich in meinem Kopf das Bild einer
kleinen Insel festgesetzt: Kleiner Sandhügel mit einer einzigen
Palme in der Mitte. Aus Karikaturen kennen wir dieses Bild zur genüge.
Mit der heiss brennenden Sonne über dem Kopf, dem Veloanhänger
im Schlepp und einer steil ansteigenden Strasse vor mir, revidiert
sich das Bild rasch und ich versuche mir die wirkliche Grösse
von Christmas Island vorzustellen: 21 Kilometer in Ost-West, 18 Kilometer
in Nord-Süd Richtung und das Plateau in der Mitte auf einer durchschnittlichen
Höhe von 300 Metern. Mit 135km² ist die Insel etwas kleiner
als der Kanton Appenzell-Innerrhoden (173km²). Mit unseren Fahrrädern
werden wir wohl nicht die ganze Insel erkunden können. |
Wir folgen der ebenen Strasse der Küste entlang
und lassen die steile Zufahrt zur Silver City rechts liegen. Diese
Rampe sparen wir uns für einen kühlen Morgen. Christmas
Island scheint alles zu bieten, was es zum Leben braucht: Postamt,
Bank, Supermarkt, Touristinformation, Wäscherei, Friseurgeschäft,
Restaurants, eine Tankstelle, Freibad und Schulen. |
Es ist kurz nach Mittag und die Sonne steht direkt
über uns, als wir zum kleinen Freibad zurückkehren, um uns
eine Abkühlung zu gönnen. Das Pool ist öffentlich und
für alle Besucherinnen und Besucher gratis. |
Bereits planschen viele Kinder und Jugendliche
in den zwei kleinen Becken des Freibades und es dauert nicht lange,
bis sich auch unsere drei Mädels im Wasser befinden. Schon bald
sind wir mit einer der anwesenden Familien im Gespräch. Sue und
Mike sind beides Lehrer, die für drei Jahre vom Festland auf
die Insel gewechselt haben. Es gefällt ihnen sehr gut und auch
ihre beiden Söhne vermissen das grosse Australien nicht. Das
ganze Leben hier zu verbringen können sie sich aber nicht vorstellen. |
Für den ersten Tag an Land haben wir genug
unternommen und es wird Zeit den Feierabend an Bord einzuläuten.
Wir befinden uns bereits ausserhalb der Badumzäunung, als uns
Mike nachkommt. Er offeriert uns spontan ihr Geländefahrzeug,
um die Insel zu erkunden. Was für ein Angebot! Er werde das Fahrzeug
am nächsten Morgen auf den Parkplatz beim Cove stellen und die
Schlüssel stecken lassen. Wir staunen ab dem Vertrauen! Die Grenzen
für einen Ausflug sind natürlich klar abgesteckt: Über
die Ufer der Insel können wir nicht hinaus
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Das grosse, schwere Geländefahrzeug steht
wie versprochen auf dem Parkplatz bereit und wir packen unsere Sachen
ins Auto. Schnell noch ein Gang zum Hafenmeister, bevor wir losfahren,
um die Angelegenheit mit der Mooringgebühr zu regeln. Das
ist doch das Fahrzeug der Familie Gray" meint dieser, als ich
sein Büro betrete. Er hat uns beobachtet, wie wir das Auto beladen
haben. Auf dieser Insel scheint jeder jeden zu kennen, was bei einer
Bevölkerungszahl von 1400 Seelen kaum verwundert. Das Bezahlen
der Mooringgebühr habe Zeit und er wünscht uns einen erlebnisreichen
Tag. |
Mit vielen PS unter der Haube ist das Erklimmen
der Strasse nach Silver City ein Leichtes. Der Name der einzigen Stadt
der Insel erinnert an eine Wildwest Siedlung. Der Ort besteht zum
Einen aus einfachen Wohnblöcken und zum Anderen aus kleinen,
alleinstehenden Häusern. Von wildem Westen keine Spur. |
Wir verlassen die Hauptstrasse und biegen in einen
kleinen Park ein. Vor uns öffnet sich der Blick über das
Flying Fish Cove. Diese Bucht ist der einzige geschützte Hafen
der Insel und sie wird ganz klar von der Verladeanlage für Phosphat
geprägt. Wann wird wohl das nächste Schiff beladen? Der
Phosphatabbau prägt Christmas Island an allen Ecken und Enden.
Gleich neben dem Park rattert ein Förderband durch die Landschaft.
Es transportiert Phosphatgestein zur Weiterverarbeitung von einer
Produktionsstelle zur nächsten. Auch die Strasse, welcher wir
als nächstes folgen, erinnert mehr an eine Autobahn als an eine
Inselstrasse. Immer wieder warnt eine grosse Tafel vor Lastwagenverkehr
und man soll ganz am Rande der Piste fahren. In der Ferne ist eine
Staubwolke zu erkennen und im nächsten Augenblick donnert ein
riesiges, schwer beladenes Ungetüm mit Anhänger an uns vorbei... |
Die Geschichte und damit auch das Aussehen von
Christmas Island ist geprägt vom Phosphatabbau. |
Am 25. Dezember 1643 wird die Insel vom englischen
Seefahrer Captain William Mynors benannt. Er betritt die Insel nicht,
sondern segelt nur an ihr vorbei. Im Jahr 1898 wird bei einer Expedition
qualitativ hochwertiges Phosphatgestein entdeckt und im darauf folgenden
Jahr beginnt der Abbau. Die Mine ist bis heute in Betrieb. Lange Zeit
wird die Produktion aber nicht mehr dauern, denn die Abbaufirma darf
keine weiteren Gebiete mehr erschliessen. |
Die breite Piste wird immer schmaler und geht
in einen Feldweg über. Eine Schild warnt, nur mit einem Geländefahrzeug
weiter zu fahren. Keine zehn Meter weiter fällt der Schotterweg
steil ab. Vorsichtig fahren wir hinunter. Wenn die Steine nur nicht
weg rutschen. Der schmale Weg windet sich durch ein Dickicht von Palmen,
Wurzeln und Farnen. Das Fahren erfordert höchste Aufmerksamkeit.
Plötzlich weitet sich der Weg und eine Lichtung wird sichtbar.
Die Strasse ist zu Ende und wir parkieren das Fahrzeug auf dem Parkplatz
mitten im Dschungel. Der Motor steht und augenblicklich stürzen
sich hungrige Moskitos auf uns. Alles haben wir auf unserem Ausflug
dabei aber leider keinen Mückenschutz. Sollen wir umdrehen und
vor den lästigen Biestern fliehen? Nein, wir wagen den Hüpfer
ins Grüne. |
Durch das undurchdringliche Dickicht dringt das
Geräusch der Brandung an unser Ohr. Wir folgen einem schmalen
Trampelpfad, bis wir uns unvermittelt auf einem Aussichtspunkt oberhalb
der steilen Klippen befinden. Die Wellen brechen sich unaufhörlich
mit lautem Getöse an den Felsplatten und schäumend fliesst
das Wasser über die Stufen zurück ins Meer. Eine schöne
Brise streicht über unsere Haut, kühlt und verscheucht die
lästigen Moskitos. |
Wir befinden uns an der Westküste von Christmas
Island. An dieser Küste sind die einzigen Bäche zu finden,
welche das ganze Jahr hindurch Wasser führen. Die Gegend ist
mit diversen Tälern durchzogen. Ein gut ausgebauter Wanderweg
führt in den Dschungel hinein. Wir packen die Wasserflaschen
in den Rucksack und folgen dem Holzsteg. Schon bald wähnen wir
uns in einem Märchenwald. Riesige Süsswasser Mangroven breiten
ihre unendlich scheinenden, geschwungenen Wurzeln über den weichen
Waldboden aus. Zwischen den Wurzeln krabbelt es unaufhörlich.
Krebse in unterschiedlichster Grösse und Farbe verstecken sich
geschwind, wenn wir ihnen zu Nahe kommen. Den Grossen will ich lieber
nicht zu Nahe kommen, denn ihre Scheren sehen furchterregend aus. |
Der Weg beginnt steil anzusteigen. Die Tritte
der Treppe scheinen für Riesen gedacht zu sein und für die
Kinder wird der Gang zu einer Kletterpartie. Der Weg folgt einem schmalen
Rinnsal, welches sich einen Weg durch das Wurzeldickicht sucht. Der
Boden ist mit Krebslöchern übersät. |
Unvermittelt ist der Weg zu Ende und vor uns plätschert
der Bach von einen hohen Felsen zu uns hinunter. Nach dem schweisstreibenden
Aufstieg jetzt eine Dusche. Das lassen wir uns nicht nehmen. Schon
bald tummeln wir uns unter der kühlen, natürlichen Dusche
und geniessen das über unsere Haut rinnende Wasser. Leider stürzen
sich die Mücken auf uns, sobald wir unter dem Wasserfall hervorkommen.
Diese lästigen Insekten können einem doch wirklich jeden
Spass vermiesen. |
Anina und Noemi sind schnell zu Fuss. Von Ihnen
ist auf dem Rückweg zum Auto schon bald nichts mehr zu sehen.
Nur ihr Lachen und Plaudern dringt durch den grünen Vorhang zu
uns. Kurz vor dem Auto holen wir sie wieder ein. Schnell verschliessen
wir alle Türen und Fenster, um den Mücken keine Chance zu
geben. Dafür rinnt uns nun der Schweiss in Bächen von der
Stirn. Wasserfall wo bist Du? |
Jetzt kommt es aus, ob der 4x4 unseres Leihwagens
hält was er verspricht. Vor uns liegt der steile Abschnitt, den
wir auf dem Hinweg fast hinunter gerutscht sind. Allrad einkuppeln,
Gas geben und Augen zu. Kaum zu glauben, aber das Fahrzeug schafft
die Steigung ohne Mühe und die Räder drehen kein einziges
Mal leer durch. Irgendwie macht es Spass, einmal auf solchen Strassen
unterwegs zu sein. |
Mit vielen Eindrücken, Bildern und Mückenstichen
behaftet fahren wir zurück zu unserem Ausgangsort. Einmal mehr
staunen wir ab den breiten Schneisen, die durch den Urwald geschlagen
wurden. Sie wirken viel zu gross und unwirklich für eine Insel. |
An der Verladeanlage im Flying Fish Cove liegt
ein grosses Frachtschiff vertäut. Die gigantischen Deckel der
Verladeräume stehen offen. Die Motoren dröhnen und das Schiff
ist in eine gelbliche Staubwolke gehüllt. Der Wind in der Bucht
ist unberechenbar und weht aus allen Richtungen. Überall legt
sich eine dicke Schicht Phosphatstaub nieder. Hoffentlich ist der
Verlad bald abgeschlossen und der Frachter sucht das Weite, sonst
nimmt PANGAEA die halbe Ladung in Form von Staub mit
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Anina ist aufgeregt und auch bei Susan ist eine
gewisse Nervosität zu spüren. Heute Morgen ist ein Besuch
im Kindergarten angesagt. Für Anina ist es das erste Mal, dass
sie einen Kindergarten besuchen darf und bei Susan ist es lange her,
dass sie in ihrem Beruf geschnuppert hat. Wie wird auf einem Aussenposten
von Australien der Unterricht gestaltet? Wird den unterschiedlichen
Kulturen, die auf Christmas Island zu finden sind, Rechnung getragen?
Eine grosse Portion Neugierde ist in den Augen von beiden zu erkennen. |
Sina steigt immer wieder die Treppe hoch und schaut
sehnsüchtig zum Strand. Sie kann einfach nicht verstehen, dass
Mama ohne sie im Beiboot fortgefahren ist. Alle Beteuerungen, dass
Mama schon bald wieder kommen wird, nützen nichts. Immer wieder
steigt sie den Niedergang hoch. Helft ihr zwei Mädels mir
beim Mittagessen kochen?" Sofort sind Noemi und Sina bei der
Anrichte. Gschwelti" stehen auf dem Menüplan und da
gibt es immer feine Essigsachen zum Naschen
Mama ist für
einen kurzen Moment vergessen. |
Die zwei Kindergärtler kommen pünktlich
zum Mittagessen zurück aufs Schiff. Beide haben viel gesehen
und erlebt. Entsprechend sprudelt es aus ihnen heraus. Das Essen ist
viel zu kurz, um alle Erlebnisse zu erzählen. Den ganzen Tag
erzählen sie kleinere Episoden aus dem Inselkindergarten. Eines
ist jetzt schon klar: Der Besuch wird wiederholt! |
Was hat unsere Ankerbucht und die nächste
Umgebung zu bieten? Bereits bei unserer nächtlichen Ankunft auf
Christmas Island war uns ein hell erleuchtetes Gebäude aufgefallen,
welches die Bucht überblickt. Ob es sich um das in einigen Büchern
beschriebene Kasino handelt? Mit unseren Rädern machen wir uns
auf den Weg, diese Frage zu beantworten. Ein kurzes, steiles Strassenstück
schieben wir die Räder hinauf. Die Strasse ist so schmal, dass
ein Velofahrer und ein Auto nur knapp aneinander passieren können.
Aus diesem Grund ist hier das einzige Lichtsignal der Insel zu finden,
um den Verkehr zu regeln. Das Glücksspielhaus entpuppt sich als
ehemaliges Wohngebäude des Inselverwalters. Das Gebäude
und sein Garten finden nun für öffentliche Anlässe
Verwendung. Gibt es das Kasino überhaupt? |
Jeder Strand bietet etwas Spezielles und Einzigartiges.
In der Flying Fish Cove sind es Glasscherben. Der Strand ist bei den
Einheimischen sehr beliebt. Leere Glasflaschen landen wohl öfter
im Wasser als in den Abfalleimern. Die am Strand liegenden Scherben
sind aber ungefährlich. Der Sand und die Wellen haben sie rund
geschliffen. Wie Glasperlen glitzern sie zwischen den Steinen. Am
seltensten sind blaue Bruchstücke zu finden. Bereits hat Susan
eine Idee, wie die Perlen zu einem Kunstwerk verarbeitet werden könnten.
Ich bin gespannt und sammle fleissig weiter. |
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Einmal mehr dürfen wir den grossen Wagen
der Familie Gray benutzen. Alle Sachen sind für einen langen
Tag bereit. Heute fehlt auch der Mückenschutz nicht. Wir lassen
den Phosphatstaub hinter uns, denn der Bauch des riesigen Frachters
ist immer noch nicht voll. |
Wir durchqueren die Insel in südlicher Richtung.
Schon bald lassen wir die breite Schneise mit den grossen Lastwagen
hinter uns und folgen einem schmalen Feldweg. Nach langer Fahrt verlassen
wir das Dickicht mit den hohen Bäumen und gelangen ins Freie.
Die jetzt vorherrschende Vegetation bieten keinen Schatten und die
Sonne brennt heiss auf das Blechdach des Autos. Der Weg endet in einem
kleinen, von Stechpalmen umgebenen Platz. Ein unheimliches Brüllen,
Fauchen und Zischen dringt durch die Palmen zu uns herüber. |
Neugierig und ängstlich zugleich folgen wir
dem Weg zur Küste. Auf einen Schlag wechselt das dichte Grün
zu braunen, schwarzen Lavagestein. Die ganze Szenerie ist in einen
feinen Salzwasserschleier gehüllt. Unaufhörlich schlägt
die Brandung für uns unsichtbar gegen den Fuss der Klippe. Sekunden
später zischt und faucht es keine zwei Meter neben uns und eine
Gischtwolke schiesst aus den spitzen Steinen in die Höhe. Wie
ein wildes Tier scheint das gefangene Wasser darauf zu warten in die
Freiheit zu entkommen. Während Jahrhunderten hat sich Ebbe und
Flut lange Tunnels und Gänge in den Fels gefressen. Durch die
Kraft der Wellen wird das Wasser durch die Höhlen gedrückt
und schisst kurze Zeit später mit gewaltigem Getöse an die
Oberfläche. |
Es ist ein faszinierender Anblick, doch zu lange
möchte ich hier nicht verweilen. Schon nach kurzer Zeit sind
die Kleider vom Salzwasserdunst feucht. Wir bevorzugen eine Küste
mit einem schönen Sandstrand, wo wir selber bestimmen können,
wann wir nass werden. |
Ende des 18ten Jahrhunderts kamen viele Chinesische
Arbeiter mit ihren Europäischen Vorarbeitern nach Christmas Island
um das Phosphat abzubauen. Die Weissen liessen sich im heutigen Silver
City nieder. Die Chinesischen Arbeiter hingegen bauten sich in den
Anfängen ihre Siedlung am Südende der Insel. Die Tempel
und Ruinen der Häuser sind heute noch zu sehen. Wir erkunden
die Überreste der für den Transport des Gesteins angelegten
Eisenbahn am South Point. Überall wuchern wilde Kürbisse,
Papaya, Paprikaschoten und viele andere Gartenfrüchte. Es sind
die Überbleibsel der Chinesischen Gärten. Wir können
nicht widerstehen und stocken unseren Vorrat an Kürbissen und
Papayas auf. |
Das Südende stand und steht ganz im Zeichen
des Phosphatabbaus. Vom ursprünglichen Urwald ist nichts übrig
geblieben. Die Ausbeutung hat eine karge Steinlandschaft zurück
gelassen. Diese Auswirkungen sind der Grund, warum die Phosphatgesellschaft
keine neuen Gebiete mehr erschliessen darf und will. Die Menschen
haben realisiert, dass mit dem Abbau von Phosphat die Inselvegetation
unwiderruflich zerstört wird. Wer reist als Urlauber schon auf
eine öde Steininsel? |
Die Einheimischen haben den Tourismus als eine
mögliche Alternative zum Phosphatabbau erkannt und versuchen
alles, mehr Urlauber auf die Insel zu locken. Grösstes Hindernis
sind wohl die teuren Flugtarife. Ein Flug von Perth nach Christmas
Island kostet mehr als ein Ticket von Perth nach Europa
|
Nach diesem trockenen, staubigen Abstecher sind
wir reif für den Strand. Unser Geländefahrzeug nimmt jede
Hürde und jedes Hindernis mit Leichtigkeit. Das letze Stück
Weg müssen wir mit unseren Füssen bewältigen. Wir treffen
einmal mehr auf einen gut ausgebauten Wanderweg. Über weite Strecken
führt ein Holzsteg durch dichte Vegetation. Diese Stege verhindern,
dass der Wanderer den sensiblen Boden mit seinem Schuhwerk zerstört.
Das Wandern über die Holzwege ist ein Genuss und trotz der nahen
Mittagszeit ist es im schattigen Wald angenehm kühl. |
Das Tosen der Brandung ist ständig zu hören,
doch zu sehen ist das Meer nicht. Wir sind schon über eine halbe
Stunde unterwegs und die Kinderbeine werden immer schwerer. Der sonst
ebene Weg fällt plötzlich steil ab. Ein Seil bietet halt.
Der Dschungel verändert sich blitzartig. Über unseren Köpfen
breitet sich das Blätterdach von Kokospalmen aus. Der Boden ist
übersät von den harten Nüssen. Der fest getrampelte
Weg wird immer weicher und unsere Füsse versinken im feinen Sand.
Wir sind da! Zwischen den Palmstämmen glitzern die weissen Schaumkronen
der Brandung. |
Der etwa 300 Meter lange Sandstrand wird auf beiden
Seiten von hohen Felsen begrenzt. Die Kokospalmen bilden einen dunklen
Vorhang zum Inselinneren. Ein kleiner Bach plätschert durch das
Dickicht und sucht sich einen Weg über den Strand bis ins Meer.
Ein kleines Paradies liegt vor uns und es gehört uns ganz alleine. |
Wir geniessen die Wärme, den Sand, das Wasser,
die Geräusche der Brandung und einfach alles. Der Bach wird gestaut,
angeschwemmter Plastikabfall wird zur Kücheneinrichtung und die
auf den Strand rollende Brandung schüttelt uns durch. Hier könnten
wir problemlos eine ganze Woche verbringen
Plötzlich ein
durchdringender Schrei. Sina sitzt alleine unter den Palmen im Schatten.
Was hat sie so erschreckt? Wir sind doch ganz alleine hier. Susan
eilt zu ihr und traut ihren Augen nicht. Ein riesiger Robber Crab
bewegt sich auf die kleine Dame zu. Er ist grösser als ein Fussball
und aus der Sicht von Sina gewiss ein Monster. Das Tier lässt
sich nur ungern verscheuchen. Scheinbar hat er die Popkorn gerochen
und wünscht sich sehnlichst eine Abwechslung zu den Kokosnüssen,
die er normalerweise verzehrt. |
Irgendwann nimmt auch der Ausflug zum Traumstrand
ein Ende. Die Sonne steht bereits tief, als wir uns von diesem schönen
Platz verabschieden und den Rückweg unter die Füsse nehmen.
War es wirklich ein Traumstrand? Ganz in der Nähe ist eine weitere
Beach auf dem Plan eingezeichnet und wir wollen schauen, ob wir am
richtigen Ort gewesen sind. Ein kurzer Blick und wir wissen, dass
unsere Entscheidung richtig war. Der Strand ist von hohen Felsen und
Kliffs gesäumt und übersät mit angeschwemmten Abfall.
Dieser Ort scheint den auf dem Ozean treibenden Müll regelrecht
anzuziehen, denn in dieser Menge war der Plastikabfall an der Dolly
Beach nicht zu finden. Bedenklich, was das Meer alles zu transportieren
hat. |
Im Inselpool spülen wir uns gerade Sand und
Salz vom Körper und gönnen uns eine heisse Dusche, als Mike
auf uns zukommt. Er war heute Nachmittag beim Fischen und lädt
uns zum Essen zu sich nach Hause ein. Einen unerwarteten Abschluss
für einen einmaligen Tag. Wir geniessen das feine Essen und die
interessante Unterhaltung sehr. Wir erfahren an diesem Abend viel
über das Leben auf der Insel und die Probleme mit denen die Bevölkerung
zu kämpfen hat. |
Die Zukunft von Christmas Island ist ungewiss.
Der Phosphatabbau kann noch für etwa zwei Jahre fortgeführt
werden, dann ist die Mine erschöpft. Die Hoffnung der Insulaner
ruhte auf dem Kasino, das es tatsächlich gibt. Das Spielhaus
und das dazugehörige Ressort war bereits für eine gewisse
Zeit in Betrieb und viele Asiatische Spieler kamen hierher, um hier
ihr Glück zu versuchen. Die Australische Regierung hat nun die
Spiellizenz für das Kasino nicht mehr erneuert. Dieser Entscheid
wurde erst vor kurzem gefällt und überall auf der Insel
sind Spruchbänder zu diesem Thema zu sehen. Die Einheimischen
sind verärgert und können den Entscheid nicht nachvollziehen.
Das Kasino wäre für die Insel eine gute Zukunftsperspektive
gewesen und die Einheimischen wollen das Spielhaus! |
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Christmas Island ist die Spitze eines alten Vulkans
der 3000 Meter vom Ozeangrund an die Wasseroberfläche ragt. Die
Insel ist mit ihren Korallen und seiner spektakulären Riffkannte
ein Weltklasse Tauchplatz. Und einer der schönsten Plätze
liegt direkt unter unserem Kiel. Für uns etwas unvorstellbar.
Wer schnorchelt und taucht schon an einem Ort, wo grosse Schiffe mit
Phosphat beladen werden und täglich dutzende von kleinen Schiffen
mit starken Motoren gewassert werden? |
Es wird Zeit, unsere Tauchausrüstung mal
wieder zu gebrauchen. Wir haben die Sachen für Notfälle
an Bord, um einen festsitzenden Anker zu lösen oder über
Bord gefallene Dinge zu bergen. Doch was nützt die Ausrüstung
in einem Notfall, wenn sie nicht funktioniert? Zusammen mit Lauri
von der ALIISA, einem erfahrenen Taucher, schwebe ich heute durch
das klare Wasser. Wir schwimmen an der Oberfläche bis zur Klippe,
die der Verladeanlage gegenüber liegt. Hier lassen wir uns in
die Tiefe sinken. Auf der rechten Seite breitet sich der Korallengarten
auf einem Plateau aus. Direkt unter uns liegt die Riffkannte und links
von uns verliert sich alles in der tiefen, dunklen Unendlichkeit.
Ein berauschendes und zugleich unheimliches Gefühl, dieser Kante
entlang zu tauchen. Immer wieder sind wir von dichten Fischschwärmen
umgeben und aus den sich bewegenden Korallen schauen mich die Augenpaare
irgendwelcher Meeresbewohner an. |
Plötzlich steigt eine Kette steil vom Grund
in die Höhe. An der Oberfläche können wir den Rumpf
von ALIISA erkennen. Wir haben eine beachtliche Strecke unter Wasser
zurück gelegt und es wird Zeit an die Oberfläche zurückzukehren. |
Lauri hat bereits einen Tauchshop ausfindig gemacht,
wo wir die Flaschen wieder füllen können. Der Besitzer ist
Österreicher und er scheint sich zu freuen, dass eine Yacht unter
Schweizer Flagge sich mal wieder nach Christmas Island verirrt hat.
Er schaut sich meine Flaschen an. Bei der einen weigert er sich schlicht,
sie zu füllen. Die Prüfungen liegen zu lange zurück.
Die andere Flasche wurde in New Zealand geprüft. Wir unterhalten
uns, währenddem die Flasche am Kompressor hängt. Plötzlich
ertönt ein Knall und lautes, ohrenbetäubendes Zischen ist
zu hören. An meiner Flasche ist die Berstscheibe gebrochen, eine
Schutzvorrichtung für die Flasche
Jetzt haben wir den Salat.
Die als Notausrüstung gedachten Flaschen sind leer und können
hier nicht mehr gefüllt werden. Der Tauchshop würde uns
eine seiner Flaschen verkaufen, was natürlich mit grossen Auslagen
verbunden wäre. Trotzdem entscheiden uns, eine zu nehmen. Wir
waren schon froh um die Pressluft auf dem Rücken. |
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Es ist so komisch ruhig an Bord. Von den Kindern
ist nur Sina zu entdecken. Anina und Noemi sind ausgeflogen. Sie sind
im Kindergarten. Ein für uns Eltern neuer Umstand, ohne die grossen
zwei Mädels an Bord zu sein. Doch die zwei haben sich so darauf
gefreut, dass wir sie gerne ziehen liessen. Gemeinsam werden wir sie
vor dem Mittagessen wieder abholen. |
Es fällt ihnen schwer, sich von den vielen
Spielsachen zu trennen. Vor allem die Spielküche und die Puppen
haben es ihnen angetan. Im ganzen Kindergartenraum sind Bilder, Zeichnungen
und Bastelsachen aufgehängt. Man merkt, dass hier hart gearbeitet
wird. Mir fallen die verschiedensten Bilder von Alltagsgegenstände
auf, die in drei Sprachen angeschrieben sind. Die hauptamtliche Kindergärtnerin
spricht nur Englisch und für sie sind diese Bilder eine Hilfe,
sich mit den anders sprachigen Kindern zu unterhalten. Zum Teil sprechen
die Kinder aus den Asiatischen Familien kein Wort Englisch, wenn sie
eingeschult werden. Eine Hilfsperson unterstützt die Kindergärtnerin
aber in dieser Sache. Sie beherrscht jede Sprache, die auf der Insel
gesprochen wird. Es ist in der Tat spannend, in einem fremden Kindergarten
zu schnuppern. |
Mit einer Einladung bei uns an Bord bedanken wir
uns bei der Familie Gray für die grosszügige Ausleihe ihres
Wagens. Ohne ihr Angebot hätten wir von Christmas Island nur
einen Bruchteil gesehen. Sie staunen ab unserem Heim und können
sich, wie viele unserer Besucher, nicht vorstellen, so lange Zeit
auf diesem engen Raum zusammen zu leben. Der Vorschlag, dass ihre
Kinder uns nach Cocos begleiten können, weckt Neugier. Doch die
Vorstellung, eine Woche auf diesem schaukelnden Untersatz verbringen
zu müssen, gibt den Ausschlag für eine Absage. |
Im Jahr 1958 wurde Christmas Island Teil von Australien.
Diesen Anschluss feiert die Insel jedes Jahr in der Territory Week.
Heute Abend findet die Eröffnungsfeier statt. Beim ehemaligen
Gouverneurssitz trifft sich praktisch die ganze Insel. In den Räumlichkeiten
sind die verschiedensten Kunstwerke von lokalen Künstlern ausgestellt
und auf einer kleinen Bühne im Freien werden die unterschiedlichsten
Musik- und Tanzdarbietungen gezeigt. Hier wird das nahe Zusammenleben
der verschiedenen Kulturen offensichtlich. Toleranz wird gross geschrieben.
Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass ein muslimisches Teenager
Mädchen mit Kopftuch bei einem Tanz zu westlicher Musik auftritt.
Die Menschen der Insel scheinen erkannt zu haben, dass sie nur gemeinsam
eine Zukunft haben und die unterschiedlichen Kulturen eine Bereicherung
der Gemeinschaft darstellt. |
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Es ist Samstag und die Arbeitswoche bereits wieder
zu Ende. Gemeinsam mit der Familie Gray besuchen wir die Lily Beach.
Wie alle anderen Strände der Insel hat auch dieser Strand sein
Markenzeichen. Hier sind die Bruchstücke von blauen Korallen
zu finden. Der Strand ist nur gerade 20 Meter breit und durch einen
breiten Korallengürtel von der Brandung geschützt. Trotzdem
finden immer wieder auch hohe Wellen den Weg bis zum Strand. Ein gutes
Übungsfeld zum Wellensurfen. Matthew und Nicholas sind bereits
geübt darin und stecken mit ihrer Begeisterung auch Anina und
Noemi an. |
Auf dem Rückweg kommen wir am Kasino vorbei.
Das Gelände und auch die Gebäude sehen gepflegt aus. Warum
wird das Ressort nicht für andere Touristen genutzt? Der Aufwand
scheint sich nicht zu lohnen und allfällige Geldgeber sind vor
allem am Kasinobetrieb interessiert. |
Langsam müssen wir an den Abschied von Christmas
Island denken. Wir sind bereits ausserhalb der Saison unterwegs und
wir dürfen bis Chagos nicht zu lange am gleichen Ort verweilen.
Diesel und Wasser sind für die Weiterfahrt gebunkert. Im Supermarkt
decken wir uns mit frischem Gemüse und Obst ein. |
Am Abend sitzen wir gemütlich beim Abendessen
im Cockpit. Ein kleines Motorboot rauscht vom Meer her auf uns zu.
Wir machen uns keine Gedanken dazu, denn jeden Tag werden viele Boote
gewassert und zum Fischen ausgeführt. Doch dieses Schiff stoppt
bei uns und der Fahrer ruft uns zu, ob wir Tunafisch haben möchten.
Er habe zu viel gefangen und würde uns gerne einen Teil abgeben.
Gerne! So kommen wir unverhofft zu fang frischem Tuna. Jetzt sind
wir wirklich mit allem eingedeckt und bereit, in See zu stechen. |
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