unser Bananaboot erzählt
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Jeden Abend das gleiche Spiel. Die Kinder klettern
aus meinem kleinen Bauch auf die Badeplattform und binden mich mit
einem dicken Seil an der PANGAEA fest. Es wird also einmal mehr eine
langweilige und öde Nacht geben. |
Doch der Tag scheint noch nicht zu ende zu sein.
Christoph löst das Tau und hüpft noch einmal zu mir hinein.
Er will zur BRUMBY, um dort etwas vorbei zu bringen. Aah, Bewegung
tut einfach gut. - Die Dämmerung hat nur kurz gedauert und es
ist schon beachtlich dunkel, als wir zum Heck von PANGAEA zurück
kommen. Die Lagune liegt spiegelglatt da und am Himmel funkeln die
ersten Sterne. Nicht einmal ein Hauch von Wind ist zu spüren. |
Ein feiner Duft hängt in der Luft und ich
höre die Kinder bereits das Dankeslied für das Abendessen
anstimmen. Christoph beeilt sich und steigt geschwind an Bord. Psst
Das Tau liegt immer noch auf der vorderen Holzbank. Christoph hat
es in der Eile einfach vergessen. Jetzt nur ganz still im Wasser liegen
bleiben und auf keinen Fall davon schwimmen, wenn er zurück schaut.
Er verschwindet im Cockpit und merkt nichts. Ich bin FREI!!! |
Endlich kann ich auf eigene Faust das Atoll erkunden.
Langsam drifte ich von der PANGAEA weg. Keine Paddel und kein Segel
bestimmt, wohin ich zu fahren habe. Einfach herrlich. Den Grund der
Lagune kann ich kaum erkennen, so tief ist das Wasser. Doch plötzlich
schiesst eine Wand in die Höhe und keine 30 Zentimeter unter
meinem blauen Kielband gleiten spitze, scharfe Korallen vorbei. Nur
gut, dass ich keinen grossen Tiefgang habe und mein Rumpf nicht mit
Luft gefüllt ist. Bei meinen aufblasbaren Geschwistern würde
die Berührung mit einer solchen Koralle ein lautes pffffff
hervorrufen. |
Ja, ja liebe Freunde unter Wasser, ich weiss,
sonst bin ich schneller unterwegs." Ein Einhorn-Fisch schaut
mir verwundert und neugierig nach. |
In der Zwischenzeit ist es stockdunkel geworden.
Kein Mondlicht erhellt die Lagune und die Unterwasserwelt ist unsichtbar
geworden. Von den paar Segelschiffen vor Anker leuchten kleine, unscheinbare
Lampen in meine Richtung. Wohin soll ich fahren? Zum Pass oder zu
einer der Inseln? Ich bin sicher, dass es an beiden Orten etwas spannendes
zu entdecken gibt. |
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Irgendwie muss ich eingeschlafen sein. Den ganzen
Tag drei Kinder und zwei Erwachsene herumzufahren ist anstrengend
und auch ein Dingi braucht mal etwas Schlaf. Wo bin ich nur und wo
ist PANGAEA? Sonst ist sie doch immer ganz in meiner Nähe und
mit dem Seil bin ich mit ihr verbunden. Ach ja, jetzt erinnere ich
mich: Christoph hat vergessen mich festzubinden. |
Wind ist aufgekommen und bläst mich über
das Wasser. Das Rauschen der Brandung am Riff wird immer lauter. Panik
ergreift mich. Es wird mich doch nicht zur Lagune hinaus aufs offene
Meer treiben! Plötzlich packt mich eine Strömung und trägt
mich von diesem ohrenbetäubenden Rauschen weg. Noch immer treibe
ich. Einen Ausflug auf eigene Faust habe ich mir irgendwie anders
vorgestellt. Ich wünschte, ich wäre am Heck der PANGAEA
festgebunden. |
Erneut höre ich Wellen rauschen. Dieses mal
ist das Geräusch aber friedlicher. Es knirscht unter meinem Boden.
Ich stecke im Sand. Immer wieder hebt mich eine Welle in die Höhe
und schiebt mich den Strand hoch. Meine Seitenwände verheddern
sich in Mangrovenästen. Ich hänge fest und irgendwie bin
ich froh, ist meine Reise zu Ende. Auf welcher Insel bin ich wohl
gelandet? Die Wellen schlagen unaufhörlich gegen meinen Rumpf
und der Wind heult in den Ästen. Langsam verschwindet das Wasser.
Es ist Ebbe. Hoffentlich bemerkt die PANGAEA Crew mein Verschwinden
und hoffentlich finden sie mich wieder. |
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Langsam beginnt sich der Himmel zu verfärben
und die ersten Umrisse der Insel werden sichtbar. Eine grosse Kokospalme
breitet ihre Krone direkt über mir aus. Ich erkenne genau die
grossen, runden, schweren und harten Nüsse zwischen den Palmwedeln.
Ich bin mir nicht sicher, ob mein Rumpf einen Volltreffer aushalten
würde
Überall um mich herum kribbelt und krabbelt
es. Auf einem Mangrovenast kommt ein frecher Krebs gekrochen. An seiner
schönen Muschel hätten die Kinder ihre helle Freude. Ob
ich den Krebs zu mir einladen soll? Er wäre in meinem Bauch gefangen
und ich hätte ein schönes Souvenir von meinem Ausflug. Doch
zuerst muss ich gefunden werden. HILFE!!! |
Es wird immer heller. Jetzt erkenne ich die Segelschiffe
vor Anker. Ich bin gar nicht weit von ihnen entfernt. Ich sehe sogar,
wie Christoph auf der Saling im Mast sitzt und mit dem Feldstecher
die Gegend absucht. Er hat also mein Verschwinden bemerkt. Er schaut
angestrengt in alle Richtung, nur nicht lange genug zu mir. Er klettert
zurück aufs Deck, zieht sich den Tauchanzug an und springt ins
Wasser. Er hat mich bestimmt gesehen und holt mich jetzt. Hoffentlich
schimpft er nicht zu fest mit mir. |
Es dauert eine Ewigkeit, bis ich seine Fussstapfen
höre. Zielstrebig läuft er auf mich zu, an mir vorbei und
verschwindet hinter den Mangroven. HALT, HIER BIN ICH! Jetzt hat er
mich nicht einmal gesehen. Mein weisser Rumpf leuchtet doch so fest
und die paar Äste verdecken mich wirklich kaum. Wenn er jetzt
um die ganze Insel läuft, wird er mich nie entdecken. Bange Minuten
verstreichen. Das Wasser beginnt wieder zu steigen und in zwei Stunden
wird mich die Flut aus den Klammern der Äste reissen. |
Erneut höre ich Schritte. Christoph kommt
zurück
Jetzt erkennt er meinen hell leuchtenden Rumpf und
steuert auf mich zu! Was für eine Freude und er schimpft nicht
einmal. Im Gegenteil, er strahlt bis über beide Ohren und scheint
mächtig erleichtert zu sein. Wie ich übrigens auch. |
Mit kräftigen Paddelzügen lenkt er mich
dem Ufer der Insel entlang zurück zur PANGAEA. Hier werde ich
schon sehnsüchtig erwartet. Ich hätte nie gedacht, dass
mein wieder Auftauchen so viel Freude bereiten könnte. Auf alle
Fälle bin froh, dass mein Tau nun wieder am grossen Schiff festgebunden
ist. |
Von Ausflügen auf eigene Faust bin ich ab
sofort geheilt. Ich hoffe nur, dass mich meine Besitzer in Zukunft
immer gut anbinden werden, denn ich freue mich bereits auf meine Arbeit
und den nächsten gemeinsamen Ausflug mit ihnen. Da gibt es nämlich
immer viel zu sehen und zu erzählen. |
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In Chagos kann es ganz gewaltig regnen. Noch nie
habe ich diese Menge Wasser von oben gesehen. Innerhalb von wenigen
Minuten fange ich mit meinem kleinen Rumpf so viel Wasser ein, dass
ich fast untergehe. Das eine Schwimmkissen hält mich aber auch
mit viel Regenwasser im Bauch sicher über der Wasseroberfläche. |
Die Kinder lieben Wasser über alles. Egal
ob es salzig oder süss ist. Nachdem ein Regenguss meinen Rumpf
mal wieder übervoll gefüllt hat, entschliessen sich Anina
und Noemi ein Bad zu nehmen. Für einmal nicht ausserhalb von
mir, sondern in mir. Dass die zwei sogar die Schwimmwesten anziehen
befremdet mich schon ein wenig. So viel Wasser ist nun auch wieder
nicht in meinem Rumpf. Doch Susan hatte schon recht, dass sie den
beiden Mädels die Rettungswesten angezogen hat. Randvoll gefüllt
liege ich nicht mehr stabil im Wasser und kippe schnell. |
Das Kinderlachen ist über den ganzen Ankerplatz
zu hören. Es ist einfach herrlich, im Mittelpunkt zu stehen und
den Kindern eine Freude bereiten zu können. Ausgeschöpft
werde ich schlussendlich von Christoph. Irgendwie freut er sich ab
dem vielen Wasser weniger als die Kinder. Er will wohl nicht das zusätzliche
Gewicht in der Gegend herum paddeln. |
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Die Paddel sind übrigens das wichtigste Instrument,
um mich durch das Wasser zu befördern: Schnell zur Hand, störungsunanfällig,
auch für andere Aufgaben einsetzbar und vor allem LEISE. Der
Umgang mit ihnen will aber geübt sein. Am besten ist es, wenn
man bereits in sehr jungen Jahren damit beginnt. Sina ist das beste
Beispiel dafür. Immer wenn sich eine Gelegenheit bietet, greift
sie sich die langen, holzigen Dinger und wühlt das Wasser auf.
Weit kommt sie aber nicht, denn im sandigen Grund liegt der schwere
Dingianker und daran ist mein Tau befestigt. |
Sogar für weite, sehr weite Distanzen kann
man die Paddel einsetzen. Dann ist natürlich die Kraft und Kondition
der Ruderin oder des Ruderers gefragt. Ich staune immer wieder, welche
Kraft und Ausdauer Susan und Christoph an den Tag legen. |
Heute wollen wir zur Île Anglaise rudern.
Christoph hat sich für Flossen, Schnorchel und Taucherbrille
entschieden. Er will wie ich die Unterwasserwelt bestaunen. Doch obwohl
er riesige Flossen an seine Füsse geschnallt hat, gelingt es
ihm nicht, mir zu folgen. Susan hat meine Paddel voll im Griff und
ich schiesse regelrecht über das Wasser. Oder ist das fehlende
Gewicht von Christoph der Grund dafür, dass ich so schnell bin? |
Nach fast einer Seemeile kommen wir bei der Insel
an. Die PANGAEA-Crew lässt mich hier einfach an meinem Anker
zurück und macht sich auf Entdeckungsreise. Ich zähle in
der Zwischenzeit die kleinen und grossen Fische, die an mir vorbei
schwimmen und grosse Augen machen. Ja, ja, so einen Brocken
wie mich seht ihr halt nicht alle Tage." |
Susan und Christoph scheint der Ehrgeiz gepackt
zu haben. Immer weiter geht es der langgezogenen Insel entlang in
Richtung Pass. Die ganze Insel ist sicher gegen die zwei Seemeilen
lang. Susan wandert dem Strand entlang und Christoph rudert mich mit
den drei Mädels durchs seichte Wasser. Immer wieder trifft er
mit den Paddeln eine Koralle. Mir versetzt das jedes Mal einen gewaltigen
Schlag. Ich bin dankbar, als er endlich aussteigt und mich an die
Leine nimmt. Ob das waten durchs knietiefe Wasser für ihn leichter
ist als das Rudern, wage ich zwar zu bezweifeln. |
An einem wunderschönen Stück Strand
ist Endstation. Ich darf einmal mehr meinen Anker betrachten und die
Familie Manhart geniesst ein feines Picknick auf dem weiss leuchtenden
Sand. Ich bin stolz, habe ich sie bis hier hin gebracht. |
Über den Rückweg will ich mich nicht
mehr gross auslassen. Nur so viel: Alle sind froh, als sie am späten
Nachmittag endlich zurück auf der PANGAEA sind. Die Kinder und
auch die beiden Erwachsenen sind erschöpft. Ich könnte die
gleiche Strecke gleich noch einmal bewältigen. Es war soooo schön
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Mein bevorzugtes Fortbewegungsmittel ist ganz
klar mein blau/weiss gestreiftes Segel. Mit einer schönen Brise
Wind von hinten, rausche ich wie ein Pfeil über die Wellen. Einfach
herrlich. Gerne würde ich einmal ein Wettrennen gegen ein Schlauchboot
antreten. Bis jetzt hat mich aber keines herausgefordert. Und wenn
doch, dann haben sie immer diese gemeinen Regeln. Sie wollen ein Wettrennen
mit einer Strecke hin und zurück. Gegen denn Wind bin ich nun
mal nicht schnell und habe somit keine Chance. |
Wer jetzt den Eindruck bekommen hat, ich hätte
etwas gegen Motoren, muss ich leider enttäuschen. BRUMBY verhalf
mir mehrere Tage lang zu einem dieser schnellen Untersätze. Plötzlich
wird das Atoll um einiges kleiner und auch die weit entfernten Inseln
sind zum Greifen nahe. |
Mein Bauch wird mit allen nötigen Utensilien
für einen Tagesausflug beladen. Ich staune, was da alles zusammen
kommt. Ob es wieder einmal zu einem Campingausflug mit Übernachtung
geht? Leider nein, denn das Zelt und die Schlafsäcke entdecke
ich nirgends. |
Der kleine Motor ziert mein Heck und schon bald
geht es mit atemberaubender Geschwindigkeit durch das Wasser. Mit
dieser ungewohnten Geschwindigkeit und dem grösseren Tiefgang
durch den Motor tauchen plötzlich neue Gefahren im Wasser auf.
Korallenstöcke haben wir unter Paddeln oder Segel einfach überfahren.
Jetzt müssen wir ihnen ausweichen. Der kleine Propeller verträgt
eine unsanfte Berührung mit hartem Untergrund nicht. |
Trotz Motorisierung brauchen wir über eine
Stunde, um die ganze Lagune der Länge nach zu durchfahren. Doch
dann fällt mein Anker und ich darf all den Fischen und Krebsen
stolz meinen Motor zeigen. Zugegeben, das Ding ist extrem laut, doch
die Geschwindigkeit und Reichweite mit einem solchen Ding sind einfach
genial und meine Besatzung schaut am Ziel nicht abgekämpft und
müde aus den Augen. |
Und dann geschieht auf der Rückfahrt das
absolut unfassbare. Das Wasser ist tief blau und der Grund nur schemenhaft
in grosser Tiefe zu erkennen. Plötzlich, wie aus dem Nichts taucht
ein Delphin neben mir auf. Im nächsten Moment wimmelt es von
diesen eleganten und schnellen Tieren um mich herum. Sicher werden
sie nur für Sekunden bei mir bleiben, denn ich bin trotz Motor
nicht sehr schnell. Doch sie bleiben. Über zwanzig Minuten lang
spielen sie mit meinen kleinen Bugwellen und springen aus dem Wasser.
Es ist einmalig schön. In diesem Moment bin ich froh und glücklich,
ein Dingi zu sein. |
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