Tagesablauf auf der Überfahrt NZ-AUS
|
|
00:00 (NZ Time oder UTC +12) |
Mein Schlaf ist nicht sehr tief. Jedes Geräusch
dringt an mein Ohr. Der Windgenerator heult auf, dann wird das Geräusch
wieder leiser. Ich schlummere wieder ein. Meine Wache hat noch nicht
begonnen. |
|
01:00 |
Tagwache oder besser gesagt Wachablösung.
Christoph hat gerade den aktuellsten Wetterfax von New Zealand empfangen.
Die Front ist vorbei und alles sieht gut aus. |
Bei mir meldet sich der Hunger. Aufstehen heisst
doch sonst Frühstückszeit. Ich lese das letzte Aktuell von
Christoph und vertiefe mich danach ins eigene Schreiben. |
|
02:00 |
Es beginnt hinter uns zu Wetterleuchten. |
|
03:00 |
Die Wetterleuchten verdichten sich und die bedrohlich,
schwarzen Wolken werden immer mehr von grellen Blitzen erleuchtet.
Das ganze Gebilde nähert sich. Ich wecke Christoph um mit ihm
zu beraten. |
|
03:05 |
Es ist absolut windstill und doch nähern
sich die schwarzen Wolken. Wir entscheiden uns: Motor an und fort
aus der Gefahrenzone. Christoph hat in der Zwischenzeit die Antennen
vom Funkgerät abmontiert. |
|
03:15 |
Christoph übernimmt die nächsten Stunden
der Wache und erlebt das reinste Feuerwerk. Zum Glück aber nur
aus der Ferne. |
|
04:00 |
Im Unterbewusstsein warte ich darauf, dass ein
kräftiger Windstoss die PANGAEA erfasst und der Donner ohrenbetäubend
kracht. Doch es bleibt ruhig. Nur das gleichmässige Brummen des
Motors ist zu hören und die leichten Schaukelbewegungen des Schiffes
zu spüren. |
|
05:00 |
Soll ich wieder aufstehen? Unter der Decke ist
es so schön angenehm warm und viel weicher, als auf den Sitzkissen
im Cockpit
Ich stehe auf und schaue aus dem Niedergang. Christoph
hat sich im Salon hingelegt und döst vor sich hin. Dann scheint
ja alles in Ordnung zu sein. Ich schlüpfe zurück unter meine
Decke. |
|
06:00 |
Sina verwacht und schiebt sich ganz nahe an meinen
Kopf, so dass ich nicht mehr atmen kann. Damit ist Mama natürlich
auch wach. Draussen ist es noch stockfinster. |
|
07:00 |
Anina und Noemi kommen zu mir ins Bett und wollen
kuscheln. Fehlt nur noch Christoph und siehe da, schon lugt sein Kopf
von der Pantry in die Achterkoje. |
|
07.30 |
Sonnenaufgang. Wir erleben ein wunderbares Farbenspiel
und dynamisches Aussehen der Gewitterwolken, welche sich immer noch
längsseits von uns befinden. Christoph hängt die Antennen
wieder ans Funkgerät und schaltet es ein. Ich unternehme einen
Kontrollgang an Deck und finde den Grossbaum ohne Verbindungsstift
zum Lümmelbeschlag. Der Baum schlägt unkontrolliert hin
und her. Christoph sucht und montiert eine Ersatzschraube. |
|
08:00 |
Die Wetter- und Funkrunde von Winfried beginnt.
Ich bereite das Frühstück vor. Es gibt frisches Brot mit
hausgemachter Tauranga-Zwetschgenmarmelade. Alles wird auf Antirutschmatten
serviert. Christoph unterhält sich über Funk mit anderen
Seglern und bereitet gleichzeitig am Computer den nächsten Positionsrapport
vor. |
Die Funkrunde ist zu ende und aus dem Funkgerät
tönt das bekannt tschirp, tschirp, tschirp" wenn das
Funkgerät eine Email-Verbindung aufbaut. Die Gegenstation liegt
in Sydney, 800 Seemeilen entfernt. Unsere Position ist im Winlink-System
und unsere Lieben zu Hause können nachsehen, wo wir gerade sind
(APRS).
Was kommen wohl für Emails bei uns an? |
|
09:00 |
Abwasch: Beide Spültröge sind gefüllt
mit gebrauchtem Geschirr. Auf der üblichen Ablage kann ich nicht
abwaschen. Ich habe dort keinen festen Stand und auch das saubere
Geschirr würde davon fliegen. Ich habe einfach zwei Hände
zu wenig, um mich am Waschbecken zu halten, abzuwaschen und abzutrocknen.
Zum Glück ist der Wetterfax vorbei und Christoph hilft mit. |
|
09:30 |
Ich bereite Brotteig für das Mittagessen
vor. Unsere Schmauser sitzen zu dritt an der Anrichte und klammern
sich fest. |
|
10:00 |
Passatbewölkung: Klarer Himmel über
uns und Kumuluswolken entlang des gesamten Horizont. |
Es ist Zeit mich wieder meiner Handarbeit zu widmen:
Dem Flicken unserer kleiner Fock. Wenn ich schon mal dran bin, will
ich auch den Kopf, den Hals und das Schothorn, welche alle mit mehreren
Lagen Stoff verstärkt sind, nachnähen. Die Nähmaschine
würde bei den drei bis vier Stofflagen nicht mehr mitmachen.
Ich kann diese Arbeit auch nur mit speziellen, pyramidenförmig
zugeschliffenen Nadeln und einem Segelmacherhandschuh verrichten.
Ich brauche enorme Kraft und die Zahl der Auf- und Abbewegungen des
Stoffes gehen in die Hunderte. Mal schauen wie es morgen mit Muskelkater
in den Oberarmen aussieht. |
In der Zwischenzeit sind unsere Grossen Zwei dabei
ihre Bugkoje neu einzuordnen. Währenddem sich Christoph ein wenig
hinlegt, übernimmt Sina in der Heckkoje die Neuorganisation unserer
Kleider. Doch nach einer halben Stunde Arbeit schwindet ihr Elan und
es bleibt ein riesiger Berg frische Wäsche liegen. |
|
11:00 |
Das Mittagessen wird vorbereitet. |
Unser Vorrat an Frischprodukten schwindet. 4 Äpfel,
3 Karotten, 1 Banane, 2 Kaki, 2 Kiwi, Kartoffeln für eine Mahlzeit,
3 Eier und noch 400 Seemeilen bis zum Ziel. |
Für heute Mittag ist eine Pizza angesagt,
bestückt mit der letzten in Streifen geschnittenen Schinkenscheibe.
Wir geniessen es, wieder richtig kochen zu können. Beim schweren
Seegang der vergangenen Tage war es unmöglich den Herd einzufeuern.
Die Anzündflüssigkeit erwärmte den Brenner nicht genügend.
Die Krängung und Schaukelbewegung von PANGAEA war einfach zu
deftig. Der Brennspritt schwappte über die Anzündschale
hinaus und setzte fast den ganzen Herd in Brand
|
|
12:00 |
Vom feinen Duft der frisch gebackenen Pizza angelockt,
sitzt bereits die gesamte Crew im Salon und ein Aaa" von
Sina ist bereits zu vernehmen. Das Aaa steht bei ihr für das
Singen unseres Dankesliedes: Asante sana Jesu. Oder mit anderen Worten:
Mami chumm ändli au go ane sitze ich han Hunger." |
|
12:45 |
Mittagsschlaf für Sina und Mami. Nur noch
schnell ein paar Seiten im spannenden Krimi lesen und dann
|
|
13:30 |
Wind kommt wieder auf. Gemeinsam setzen wir die
Segel. Der Wind kommt von hinten und somit setzen wir nur die Genua.
Mit einem grossen, dicken Alurohr, baumen wird das Segel aus, damit
es nicht zusammenfällt. PANGAEA zieht mit bis zu sechs Knoten
durchs Wasser. Herrlich diese Ruhe, nachdem der Motor so lange gedröhnt
hat. |
|
14:30 |
Nachdem nochmals eine Naht verstärkt ist,
lege ich das Segel für heute auf die Seite. Den bereits warten
zwei Rennrosse in der Achterkoje darauf ausgeritten zu werden. Noemi
und Anina liegen auf dem Rücken und haben ihre angewinkelten
Pferdeschenkel an die Startlinie gebracht. Und los geht es. Hürden
werden übersprungen, Wassergräben durchwatet, und, und,
und. Welches Pferd wird wohl dieses mal als erstes die Ziellinie durchlaufen?
Schoggimilch oder Sofie? |
Nach dem Pferderennen wird noch auf dem Fahrrad
ausgefahren und zu guter Letzt schnallen wir uns noch die Skis an.
Auf hoher See ist alles möglich
|
Jetzt ist eine Pause angesagt. Welche Geschichte
wollen wir uns anschauen? Wir setzen uns ins Cockpit und sind bereits
tief in die Abenteuer von Coco verstrickt, als wir plötzlich
die spitzen Rückenflossen von Delphinen wahrnehmen. Jetzt aber
rasch die Schwimmwesten angezogen und aufs Vordeck. Es ist und bleibt
ein wunderschöner Anblick, diese eleganten Tiere durchs Wasser
flitzen zu sehen und ihre Sprünge zu verfolgen. Mit welcher Leichtigkeit
sie doch durchs Wasser schiessen. |
|
16:00 |
Der Watermaker lief zwei Stunden und hat gute
11 Liter Süsswasser produziert. Wir werden es heute für
eine Waschaktion unsererseits gebrauchen. Obwohl das Thermometer bereits
19 Grad Wassertemperatur anzeigt, will niemand ins tiefblaue Meerwasser
springen. |
Wie war das doch gleich mit dem füllen der
Badewanne zu Hause? Wie viele Liter fasst eine Wanne? 60, 120 oder
sogar 200 Liter
? |
|
17:00 |
Christoph spielt mit den Kindern Schwarzer Peter.
Geschwind wechseln die Karten und auch immer wieder der schwarze Kater.
Wer wird ihn am Schluss in Händen halten? No mal bitte!" |
|
17:30 |
Christoph übernimmt das Kochen des Nachtessen
und ich gehe bei Anina in ihren Dubbloverkäuferliladen einkaufen.
Der gedünstete Knoblauch und die Zwiebeln lassen uns aber rasch
den Tisch zum Essen vorbereiten. Mmm, und zum Höhepunkt dieses
Tages gibt es einen speziellen Schoggidessert. Schweizer Nussschokolade
vom Grosspapi nach Neuseeland mitgebracht und von mir sehr gut versteckt,
so dass wir auch ein paar Monate später einen Überraschungsdessert
geniessen können. |
|
18:30 |
Pyjama anziehen, Zähneputzen und auf die
Toilette, dann ist es Zeit für die Koje. Während den Überfahrten
dürfen alle Kinder in der Heckkoje schlafen. Anina und Noemi
warten schon ungeduldig unter ihren Bettdecken auf Papa und natürlich
auf die Gutnachtgeschichte. Was erlebt Baltasar, der schwarze Schiffskater,
wohl als nächstes auf seiner einsamen Insel? Gespannt lauschen
die Kinder und ich natürlich auch. |
|
19:00 |
Christoph sitzt wieder an der Funke und unterhält
sich mit Helmut und Claudia von der LOP TO. Wir haben die zwei auf
dem Hardstand in Tauranga kennengelernt und sie befinden sich zur
Zeit auf der Fahrt nach Fiji. |
|
20:00 |
Christoph und ich geniessen den milden
Abend im Cockpit. Es ist merklich wärmer geworden, was wir sehr
geniessen. Das vorbeiziehende Wasser plätschert und einige Seevögel
umkreisen unser Schiff. Die ersten Sterne funkeln am immer dunkler
werdenden Himmel. |
Ich darf mich als erste in die Koje legen. Christoph
übernimmt die Wache. Bestimmt sitzt er wieder am Computer, schreibt
am neusten Aktuell und beantwortet Emails. Ich freue mich schon darauf
den Text lesen zu dürfen. |
|
22:00 |
Ein paar hin und her rollende Dosen stören
meinen Schlaf. Ich fixiere sie und döse wieder ein. |
|
23:00 |
Es ist sicher schon ein Uhr in der Früh und
meine Wache beginnt. Ich stehe auf und schaue aus dem Niedergang.
Gerade geht der Mond silbern über dem Horizont auf und taucht
das Meer in einen hellen Glanz. Christoph sitzt im Cockpit, eingemummelt
in den Schlafsack, und liest in einem Buch. Alles I Ornig. Du
dörfsch nomal go schlafe. Es isch erscht elfi" |
|