| 27/28.03.2005 | 
         
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          | Der Agent Mohammed klariert die zwei anderen Yachten 
            ein, uns übersieht er einfach. Es ist erstaunlich, was für 
            eine Stellung und Macht dieser Mann hier in Suakin besitzt. Er scheint 
            Zoll- und Hafenbeamter zu sein und nebenbei" fungiert er 
            als Agent. Er bietet gemäss Red Sea Pilot alle möglichen, 
            zusätzlichen Dienste an. Verständlich, dass all diese Arbeit 
            nicht umsonst gemacht werden kann. Unserer Meinung nach stehen die 
            Gebühren von mindestens US$ 100 pro Schiff aber in keinem Verhältnis 
            zum BIP (Bruttoinlandsprodukt) des Landes, welches 1999 US$ 350 pro 
            Kopf und Jahr betragen hat. | 
         
          | Wir gehen davon aus, dass ein Landgang unmöglich 
            ist. Doch bereits das Einfahren in den Hafen und der Ausblick vom 
            Ankerplatz aus ist ein Erlebnis. | 
         
          | Suakin ist eine alte Hafenstadt, die ihre Blütezeit 
            im 15. und 16. Jahrhundert hatte. Sie war damals die bedeutendste 
            afrikanische Hafenstadt am Roten Meer und konnte sich mit Lissabon 
            messen. Im 17. Jahrhundert brachte die Entwicklung des Seewegs um 
            Afrika einen ersten Einbruch für die Bedeutung der Stadt. Eine 
            neue Blüte erlebte sie durch die Ausdehnung des Einflusses Ägyptens 
            am oberen Nil im 19. Jahrhundert, vor allem durch die Eröffnung 
            des Suez - Kanals 1869. | 
         
          | Wegen der Korallenriffe war der Hafen nicht zu 
            erweitern und deshalb für die zu Beginn des 20. Jahrhunderts 
            aufkommenden grossen Dampfschiffe ungeeignet. Deshalb wurde von 1905 
            bis 1909 der neue Hafen Port Sudan, etwa 40 km nördlich gelegen, 
            ausgebaut. Nach dem ersten Weltkrieg brach die Bedeutung Suakins schnell 
            zusammen und bereits 1930 war die kleine Insel mitten im Hafen verlassen. | 
         
          | Suakin war der letzte Sklaven-Handelsposten der 
            Welt und das bis zum Ende des zweiten Weltkrieg! Heute ist die alte, 
            historische Stadt nur noch ein Ruinenfeld. Auf dem Festland, dem Geif, 
            wohnen ca. 10'000 Einwohner. | 
         
          | Wir geniessen die Gemeinschaft unter den Seglern 
            und erhalten von allen möglichen Crews einen kurzen Besuch abgestattet. 
            Unsere Kinder überreichen allen Besuchern ein kleines Osternest. 
            Heute ist Ostersonntag! | 
         
          | Plötzlich bietet sich doch die Möglichkeit 
            eines Landganges und ich darf mit der HARLEKIN für ein paar Stunden 
            an Land fahren. Unsere drei Girls werden von der Luca auf die MENEVADO 
            eingeladen, um mit ihr ein paar Prinzessinen-Spiel-Stunden zu verbringen. 
            Christoph klemmt sich hinter den Computer. | 
         
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          | Das gleichmässige Knattern eines Motors durchmischt 
            sich mit dem Quietschen von hölzernen Eselskarrenrädern. 
            Beängstigend schief stecken diese auf ihren Achsen und vollführen 
            eine riesige Acht. Kamele liegen auf der staubigen Erde. Jeweils ein 
            Bein ist angewinkelt und dieses dann mit einem Strick zusammengebunden, 
            damit die Tiere nicht davonlaufen können. Ein Knabe sitzt mitten 
            auf der Strasse. Vor ihm steht ein rechteckiges Tablett, bestückt 
            mit Tomaten, Orangen und Fladenbrot. Strahlend weisse Zähne leuchten 
            aus dem dunkelbraunen Gesicht. Männer mit Turban sitzen im Schneidersitz 
            am Boden. Riesige, flache, geflochtene Teller, gefüllt mit den 
            verschiedensten Hülsenfrüchten, liegen vor ihnen. Immer 
            wieder tauchen sie ein kleines Gefäss in den Hülsenberg 
            und lassen den Inhalt rieselnd zurück fallen. Feiner Staub fliegt 
            davon. Der Duft nach frisch Gekochtem liegt in der Luft. | 
         
          | Ich befinde mich mitten im Markt von Suakin, einem 
            riesigen Platz, auf dem alles nur erdenkliche gehandelt wird. Holzkohle, 
            Tiere, Heu, Lebensmittel aller Art, Stoff und auch Haushaltsgeräte 
            wechseln die Besitzer. Für Ingrid und Norbert von der HARLEKIN, 
            die mir diesen Landgang ermöglicht haben, ist es eine fremde 
            Welt. Ich fühle mich wohl und geniesse die Einfachheit der Menschen 
            und Gegend. Spielen die Kindheitserinnerungen und Erzählungen 
            meiner Eltern dabei mit? Die ersten Jahre meines Lebens habe ich nämlich 
            in Ghana verbracht. | 
         
          | Neugierig stecke ich meinen Kopf in einen einfachen 
            Bretterverschalg, aus dem der Lärm eines Motors dröhnt. 
            Der dunkle Raum wird ausgefüllt von einer Mühle, die von 
            einem kuriosen Einzylinder-Dieselmotor angetrieben wird. Der Dieseltank 
            ist eine alte Schmierölflasche, die mit einer Schnur an einem 
            Nagel an der Holzwand befestigt ist. Über einen dünnen, 
            durchsichtigen Schlauch fliesst der Treibstoff zum Motor. Eine Petflasche 
            hängt am Motor und fängt den überschüssigen Diesel 
            auf, der von der Einspritzdüse zurückfliesst. Über 
            einen breiten Lederriemen wird die Motorenkraft auf die Mühle 
            übertragen. Ein älterer Mann steht neben dem Mahlwerk und 
            füllt das Endprodukt in kleine Säcken ab. | 
         
          | Ich versuche die Anlage fotografisch festzuhalten, 
            doch sofort stehen mehrere Personen zwischen mir und der Anlage, die 
            ebenfalls mit aufs Bild wollen. Ich ziehe mich zurück und entdecke 
            im Gebäude neben der Mühle ein Restaurant. Einige Bänke 
            und Tische stehen im halboffenen Raum. Sie sind von hunderten von 
            Fliegen besetzt. Die Küche ist auf einer Art Theke untergebracht. 
            Ein riesiger runder Kochtopf steht auf der Glut, daneben liegen diverse 
            Zutaten bereit. Reis oder Kartoffel werden mit einer mit Sicherheit 
            rassig gewürzten Fleischsauce serviert. Ich esse nur mit Augen 
            und Nase. Den eigentlichen Genuss überlasse ich den Einheimischen. | 
         
          | Der Blick entlang der Hauptstrasse ist einzigartig 
            und für uns Europäer nicht mehr vorstellbar. Kein Autolärm 
            oder Gehupe beherrscht den Verkehr. Die Strasse gehört voll und 
            ganz den Hufen der Vierbeinern, den Eseln. Einige stehen ohne Zaumzeug 
            neben ihren Karren und warten darauf, dass die Fahrt weitergeht. Die 
            Nächsten werden von ihren Herren mit kleinen Ruten zu schnellerem 
            Vorwärtsgehen angetrieben. Wieder andere kauen genüsslich 
            an einem Büschel Stroh herum, das für sie bereitgelegt wurde. 
            Die grauen Tiere mit den langen Ohren sind ganz unterschiedlich gepflegt. 
            Die Einen warten mit struppigem Fell auf, anderen scheint die Erde 
            der gesamten letzten Woche am Fell zu kleben und wieder andere sind 
            fein gestriegelt. Richtige Autos sind nur spärlich vorhanden. 
            Die Landeflächen dieser wenigen Fahrzeuge werden grosszügig 
            genutzt und zum Teil sprengt die Landung regelrecht Tür und Ladeklappe. | 
         
          | Auf beiden Seiten der Strasse reiht sich Einkaufsladen 
            an Einkaufsladen. Ihr Sortiment ist vielfältig und reicht von 
            der kitschigen, westlichen Barbiepuppe bis hin zu selbstgemachten 
            Schöpfkellen aus alten Blechdosen. Immer wieder ist ein Laden, 
            bis unter die Decke angefüllt mit Getränken in Petflaschen 
            anzutreffen. | 
         
          | Ich vernehme ein Zischen und aus einem gegenüberliegenden 
            Gebäude steigt Rauch. Rasch wechsle ich auf die andere Strassenseite 
            und entdecke einen weiteren Restaurantbetrieb. Der Koch legt dicke, 
            fettige Fleischstreifen auf einen glühenden Kohleberg und lässt 
            sie schmoren. Im Hintergrund sitzen an der Hauswand einige Männer. 
            Sie winken mir zu und fordern mich auf zu probieren. Aus für 
            sie unverständlichen Gründen lehne ich dankend ab. | 
         
          | Die Läden verändern sich und gleichen 
            nunmehr engen, langen Gängen. Wir befinden uns bei den Stoff- 
            und Schneiderateliers. Fein säuberlich aufgeschichtet liegen 
            die Stoffe auf Gestellen bereit. Farbenfrohe, gemusterte Stoffe leuchten 
            zwischen vielen erdfarbenen Unistoffen hervor. Auf meinem weiteren 
            Rundgang durch die engen Gassen zwischen den diversen Ateliers hindurch, 
            leuchten nur selten die fröhlichen, knalligen Farben einer Frauenbekleidung 
            auf. Die Farben der Männerbekleidung und auch der gesamten Umgebung 
            sind vorwiegend weiss, grau und braun. Es ist bedenklich, in welch 
            baufälligem Zustand sich die Gebäude befinden. Eingefallene 
            Mauern gehören genauso zum Ortsbild wie die Eselskarren, Kamele 
            und Ziegen. | 
         
          | Kleine, überdachte Stände preisen Früchte 
            und Gemüse an. Ich entdecke Mangos, Aubergine, Kartoffeln, Limonen, 
            Orangen, Tomaten und Bananen. Ich schlendere durch alle Stände 
            und vergleiche das Angebot. Es unterscheidet sich nicht gross voneinander. 
            Die Verkäufer sind aufmerksam und preisen ihre Waren an. Sie 
            wittern ein gutes Geschäft mit uns Touristen. Doch vorerst zieht 
            ein nahes Gebäude unsere Aufmerksamkeit auf sich. Der Fleisch- 
            und Fischmarkt sind darin untergebracht. Auf einer gekachelten Anrichte 
            liegt ein Ziegenkopf zum Verkauf bereit. Im ganzen Gebäude herrscht 
            reger Flugverkehr. Fliegen, Fliegen und nochmals Fliegen. Ich denke 
            die PANGAEA-Crew bleibt beim Frischfisch und verschiebt den Fleischbraten 
            auf später. | 
         
          | Mit geschickter Messerführung werden nebenan 
            die Fische ausgenommen. Ein wachsames Augenpaar folgt den Bewegungen 
            des Messers. Die Fischgräten unter den Pfoten verraten, dass 
            die auf dem Sims liegende Katze bereits ihren Teil bekommen hat. Jetzt 
            fehlt noch die Nachspeise. Die Hygiene kümmert hier niemanden 
            und so warten ich lieber auf den nächsten eigenen Fang. | 
         
          | Aus einem offenen Gebäude höre ich weibliche 
            Stimmen. Neugierig geselle ich mich zu ihnen. Flink bewegen sich ihre 
            Finger über ihrer Häkelarbeit. Aus feinem Garn werden runde 
            Decken gefertigt, welche als Abdeckung von Körben Verwendung 
            finden. Die unterschiedlichsten Farben reihen sich aneinander und 
            es entsteht ein regenbogenfarbenes Gebilde. Die Handwerkerinnen sitzen 
            auf kleinen Schemeln, nahe der u-förmigen Steinmauer. Die grosse 
            Distanz zwischen ihnen ist augenfällig. Ihrem Gespräche 
            macht das kein Abbruch. Die Lautstärke ist einfach entsprechend 
            angepasst. Unser Auftauchen löst heftige Diskussionen aus. Einige 
            der Frauen verschleiern sich rasch. Kinder kommen dazu und schauen 
            neugierig auf das Display unserer Kameras. Die erste Scheu verfliegt 
            und auch die Neugier der Frauen ist geweckt. Sich in kleinem Format 
            auf dem Bildschirm betrachten zu können ist und bleibt faszinierend. | 
         
          | Mit einer ganzen Schar Kinder im Schlepptau tätigen 
            wir unsere Einkäufe auf dem Gemüsemarkt. Die Taschen füllen 
            sich und die Uhr zeigt kurz vor Zwölf. Es wird Zeit, dass wir 
            zu unseren Schiffen zurückkehren. | 
         
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          | Das weisse Bananaboot ist bei der PANGAEA nicht 
            zu sehen. Es hängt fest vertäut am Heck der MENEVADO. Christoph 
            wollte eben die Kinder abholen. Ich geselle mich zu ihnen an Bord 
            und im Nu sind ein paar weitere Stunden vergangen | 
         
          | Plötzlich werden wir am Funk aufgerufen. 
            Mohammed sei bei unserem Schiff und suche uns! Schon rauscht er an 
            Bord eines Dingis zur MENEVADO. Sein weisses Gewand flattert im Wind. 
            Er macht uns darauf aufmerksam, dass er gegenüber unseren Freunden 
            nur von einer Nacht vor Anker gesprochen haben. Im gleichen Atemzug 
            gesteht er uns aber eine weitere Nacht zu. Wir versprechen ihm, noch 
            heute Abend auszulaufen. | 
         
          | Kurz vor Sonnenuntergang lichten wir den Anker. 
            Mohammed fuchtelt auf einem anderen Schiff mit seinen Armen und ruft 
            zu uns herüber: Stay an other night. It's better to have 
            a good sleep, than to sail during the night." Wir aber gehen 
            davon aus, dass der Wind in der Nacht nachlassen wird und laufen aus. 
            In der Ausfahrt stehen Einheimische im seichten Wasser und werfen 
            ihre Netze aus. | 
         
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