| 28.04.2005 | 
         
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          | Wir ankern als einziges Schiff vor dem Yachtclub 
            von Ismailia. Alle anderen Segelschiffe haben in der Marina des Clubs 
            festgemacht. Wir waren zu müde, um noch ein Hafenmanöver 
            in einem fremden Hafen bei Dunkelheit zu fahren. Und wir wollen Kosten 
            sparen. Schlafen können wir auch vor Anker. | 
         
          | Soll es morgen wirklich in aller Früh um 
            fünf Uhr weiter gehen? Noch können wir uns anders entscheiden, 
            denn wir müssen unsere Weiterfahrt dem Marina Manager mitteilen. 
            Auf der Funke folgt eine längere Diskussion und Unterhaltung 
            mit der HARLEKIN. Gerne möchten wir den zweiten Teil des Kanals 
            mit ihnen gemeinsam befahren. Es kristallisiert sich heraus, dass 
            wir morgen möglicherweise die einzigen zwei Schiff für die 
            Weiterfahrt sind. Das Wetter im Mittelmeer verspricht auch nicht das 
            Gelbe vom Ei zu sein und wir wollen vor allem ausgeruht ins Mittelmeer 
            starten. In Port Said werden wir nämlich nicht anhalten. Zu viele 
            negative Berichte haben wir von dieser Hafenstadt gehört. | 
         
          | Um halb Zehn fällt der Entscheid: Wir bleiben! 
            Mindestes einen Tag wollen wir uns ausruhen. Die HARLEKIN wird einen 
            Ausflug nach Kairo unternehmen und am Abend können wir uns noch 
            einmal über das Wetter und die Weiterfahrt unterhalten. Gute 
            Nacht! | 
         
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          | Motorenlärm. Laute Rufe. Eine ganze Flotte 
            Fischerboote verlässt um Sechs den Ankerplatz und fährt 
            Richtung Norden. Ob sie auch einen Agenten für die Kanaldurchfahrt 
            benötigen? Eine Stunde später noch einmal derselbe Lärm. 
            Alle Fischer kehren an ihren vorherigen Platz zurück
 Der 
            Grund dafür muss ein Kriegsschiff im Kanal sein. Heute wollte 
            die MeNeVado und eine Gruppe italienischer Schiffe bis nach Ismailia 
            fahren. Ich bin gespannt, ob sie bis am Abend hier sein werden. Nach 
            all dieser Aufregung am frühen Morgen lege ich mich noch einmal 
            hin, denn im Bauch der PANGAEA herrscht überraschender weise 
            noch unendliche Ruhe. Ich muss tatsächlich noch einmal eingeschlafen 
            sein, denn der Duft nach frischem Kaffee und Kinderlachen holt mich 
            aus dem Schlaf. Schön, am Morgen so aufzustehen. | 
         
          | Der Haushalt an Bord will besorgt sein und auch 
            diverse Schreibarbeiten und Emails warten darauf, erledigt zu werden. 
            Schnell ist es Mittagszeit und die Hitze des Tages am höchsten. 
            Es ist erstaunlich, wie schnell man sich an den Tagesrhythmus der 
            lokalen Bevölkerung gewöhnt. Vom Mittag bis zum späten 
            Nachmittag muss man in einer Ägyptischen Stadt keinen Bummel 
            durch die Suks machen. Es ist zu heiss und die Geschäfte haben 
            geschlossen. | 
         
          | Das Anlegen mit unserem Dingi in der Marina ist 
            problemlos möglich. Es hätte auch für unser Schiff 
            Platz genug, doch wir sind mit unserem Ankerplatz zufrieden. Die Fischerboote 
            sind wieder verschwunden. Sie haben kurz nach Mittag einen zweiten 
            Anlauf nach Norden unternommen. Die Anlage des Yachtclubs ist grosszügig, 
            sauber und der Kinderspielplatz in keiner Weise mit demjenigen von 
            Suez zu vergleichen. Hier können sich unsere Kinder ohne Bedenken 
            austoben. Zuerst wollen wir aber in die Stadt. | 
         
          | Sicherheitsposten mit Passkontrolle. Wie üblich 
            führt der Umstand "fünf Personen, drei Pässe" 
            zu Fragen. In solchen Momenten sind wir froh, ein amerikanisches Visum 
            in den Pässen zu haben. Dieses Visum ist nämlich mit einem 
            Bild der Person versehen und so erscheinen Anina und Noemi auch mit 
            einem Foto in unseren Pässen. Sie sind ansonsten nur mit einem 
            Kindereintrag vermerkt, der bis zum Alter von sechs Jahren kein Passfoto 
            vorschreibt. | 
         
          | Wir überqueren eine kleine Brücke. Unter 
            ihr befindet sich ein schmaler Kanal und eine Schleuse. Zentimeter 
            dick schwimmt Unrat und Müll auf dem Wasser. Dieser künstliche 
            Wasserweg ist mit Sicherheit seit Jahrzehnten nicht mehr in Betrieb. 
            Die vor uns liegende Strasse ist stark befahren und wir überqueren 
            die Kreuzung mit Lichtsignal mit grosser Vorsicht. Es ist ungewohnt, 
            dass der Verkehr wieder zuerst von links und dann von rechts kommt, 
            wenn man die Strasses überquert. Rechtsverkehr! | 
         
          | Wir folgen einer breiten Strasse mit Alleebäumen. 
            Ihre Blätterdächer sind quadratisch zugeschnitten. Die Bäume 
            in Ägypten scheinen kein Recht auf freie Entfaltung zu haben. 
            Die Allee mündet in einen riesigen Platz. In einem gigantischen 
            Verkehrskreisel brausen Autos und schleichen Eselskarren im Kreis 
            herum. Sie suchen sich die richtige Strasse zum Abbiegen. | 
         
          | Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes 
            steht ein stattliches Gebäude mit einer breiten, langen Treppe. 
            An der Fassade eines anderen Gebäudes prangt ein riesiges Mosaik, 
            welches eine Feierlichkeit zeigt. Hier irgendwo sollte ein Supermarkt 
            sein. Vielleicht ist es das Gebäude auf der anderen Seite. Wir 
            überqueren den Platz und stoppen immer wieder auf einer kleine 
            Insel mit Rasen und viereckigen Bäumen. Gedenktafeln und Statuen 
            erinnern an vergangene Tage. | 
         
          | An jedem einzelnen Laternenpfahl auf dem Platz 
            ist die exakt gleiche Werbung angebracht. Nicht nur diese Werbung 
            ist "very british" sondern auch die Architektur der Gebäude, 
            die wir bisher auf unserem Weg gesehen haben. Das hängt mit der 
            Geschichte der Stadt zusammen. Ismailia wurde erst 1863 während 
            des Baues des Suezkanals als Arbeitsstützpunkt entworfen und 
            gebaut. | 
         
          | Wir betreten eine riesige, leere Halle. Der Supermarkt 
            entpuppt sich als Bahnhof. Es ist das erste Mal auf unserer Reise, 
            dass wir auf einen Bahnhof dieser Grösse stossen. Lediglich Bundaberg 
            in Australien hatte eine Bahn zu bieten, die auch wirklich für 
            Transportzwecke genutzt wird. Wieviel Züge werden diesen Bahnhof 
            hier in Ismailia wohl frequentieren? Wir versuchen uns die Zahl der 
            Züge pro Tag im HB Zürich vorzustellen und die riesige Menschenmenge 
            dazu. Ob wir uns dort je wieder zurecht finden werden? Hier herrscht 
            Gelassenheit. Die Passagiere überqueren die Geleise um auf das 
            Perron zu gelangen und niemand reklamiert. An der Gebäudewand 
            hinter dem Kiosk auf Bahnsteig Nummer 1 stehen Pflanzen in ausrangierten 
            Blechtöpfen. Wir fallen auf in diesem nur von einheimischen benutzten 
            Bahnhof. | 
         
          | Wir überqueren erneut den grossen Platz und 
            dringen in die schmalen Strassen und Gassen der Stadt ein. Wir bleiben 
            stehen und schauen. Sofort unterbricht eine Schar Jugs ihr mitten 
            auf der Strasse ausgetragenes Fussballspiel und wir werden belagert. 
            Einige fordern ohne Umschweife Geld. Wir lassen sie ungeachtet stehen 
            und gehen weiter. Am Trottoir parkiert ein Eselskarren. Ein Junge 
            in zerschlissenen Kleidern sammelt Abfall zusammen und wirft diesen 
            auf den Wagen. Seine Augen strahlen und er lächelt uns freundlich 
            zu. | 
         
          | Wir stossen auf eine autofreie Strasse. Ein Laden 
            reiht sich an den nächsten. Auf dem Gehsteig wird das halbe Inventar 
            der Geschäfte fein säuberlich ausgebreitet. Vor einem Schuhladen 
            liegt ein ganzer Teppich Schachteln und auf jeder dieser Schachteln 
            liegt genau ausgerichtet ein Paar Schuhe. Es scheint, dass jeden Nachmittag 
            diese Auslage aufs Neue erstellt wird und bei Ladenschluss in der 
            Nacht alles wieder zusammen geräumt wird. Unvorstellbar dieser 
            Aufwand. | 
         
          | Der feine Duft von frischem Brot liegt in der 
            Luft. Wir folgen ihm und wollen einen Stapel leckeres Fladenbrot erstehen. 
            Doch bei jeder Bäckerei die wir finden, steht eine unglaublich 
            lange Schlange Menschen an. So viel Geduld haben wir nicht. In einer 
            weiteren Strasse stossen wir auf den Gemüse- und Früchtemarkt. 
            Hier ist alles zu haben, was das Herz begehrt. Für ein Kilo Erdbeeren 
            werden zum Beispiel nur gerade ein Ägyptisches Pfund verlangt. 
            Die Versuchung ist gross, noch ein paar Gläser Marmelade einzumachen
 
            Neben dem üblichen Gemüse und Früchten sind auch Gewürze 
            und Nüsse in allen Formen, Farben und Geschmacksrichtungen zu 
            bekommen. Wir geniessen es, durch die Stände zu schlendern, zu 
            schauen und die Gerüche und Bilder auf uns wirken zu lassen. 
            Die Menschen hier sind angenehm freundlich und überhaupt nicht 
            aufdringlich. Kein Vergleich zu unseren Erlebnissen in Port Suez. | 
         
          | Ein tiefer Atemzug und von einem Moment auf den 
            Anderen verschwindet der süssliche Duft vom Safran und der Geruch 
            von Fisch liegt in der Luft. Wir stehen im Fischmarkt. Wo um alles 
            in der Welt haben die Marktfahrer ihre Fische her? Die sind doch nicht 
            alle aus dem Suezkanal und den drei grossen Seen? An einem Stand schauen 
            uns zwei ruhige Augen durchdringend an. Auf der Schale einer Waage 
            sitzt ein Reiher und bewacht die Auslage seines Herrn | 
         
          | Neben den Läden mit Artikeln für das 
            tägliche Leben treffen wir auf viele Geschäfte mit westlichem 
            Spielzeug. Puppen in wallenden Ballkleidern und starrem Gesichtsausdruck 
            schauen uns aus den Auslagen entgegen. Es ist auffallend, dass vor 
            allem Glitzer und Kitsch angeboten wird. | 
         
          | Ganz am Schluss unseres Stadtbummels stossen wir 
            auf den schon erwähnten Supermarkt. Er ist der erste Supermark 
            in westlichem Stil, den wir hier in Ägypten antreffen. Vor allem 
            Produkte aus Deutschland, Australien und Amerika werden angeboten. 
            Die Preise sind überraschend niedrig. | 
         
          | Zurück beim Yachtclub treffen wir auf die 
            MeNeVado Crew. Ihre Passage hat also doch stattgefunden. Heute war 
            übrigens wieder auf jeder Yacht ein Pilot
 Wahrscheinlich 
            haben die Lotsen reklamiert, dass sie mit der am Vortag praktizierten 
            Regelung keine Baksheesh mehr bekommen. Und so wurde einmal mehr alles 
            geändert. | 
         
          | Die Kinder vergnügen sich auf dem Spielplatz 
            und ich versuche herauszufinden, wie das Wetter in den nächsten 
            Tagen für das Mittelmeer aussehen wird. Intermar, Grib-Files, 
            Diskussion mit den anderen Seglern und Befragung des eigenen Gefühls 
            und Befindens: Morgen geht es weiter und zwar mit einem eigenen Lotsen 
            an Bord. Unsere Gefühle sind freudig nervös. | 
         
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