| 08.03 - 12.03.2005 | 
         
          |  | 
         
          | Wann ist der richtige Zeitpunkt, um Aden zu verlassen 
            und durch den Flaschenhals des Bab el Mandeb ins eigentliche Rote 
            Meer einzufahren? Mein Kopf ist ganz wirr von all den Wetterberichten 
            und Vorhersagen, die wir in den letzten Tagen über Grib-Files 
            und Funknetze zusammengetragen und ausgewertet haben. Doch diese Arbeit 
            ist enorm wichtig, denn das Resultat bestimmt den Termin unserer Weiterfahrt. 
            Wir möchten gerne südliche Winde haben, doch diese nicht 
            zu stark. Wir wissen von einem Deutschen und einem Österreichischen 
            Schiff, die in der Meerenge über 50 Knoten Wind hatten und ohne 
            Segel über sieben Knoten Fahrt machten. Die Windvorhersage für 
            das Bab el Mandeb ist extrem schwierig, denn die Berge der Meerenge 
            haben einen Düseneffekt, kanalisieren und verstärken somit 
            den Wind. | 
         
          | Wir studieren eingehend den vor uns liegenden 
            Abschnitt im Red Sea Pilot", unserem Segelführer für 
            das Rote Meer. Es gibt auf unserer nächsten Etappe einige Ankerplätze, 
            die wir bei zu viel Wind anlaufen können, um Schutz zu suchen. 
            Die Wegpunkte und Route speichern wir in unser GPS, die Seiten werden 
            im Buch markiert. | 
         
          | Die beste Infoquelle für das Wetter und den 
            Wind sind Schiffe, die vor einem unterwegs sind. Eine ganze Flotte 
            hat am Vortag den Hafen von Aden verlassen und befindet sich nun genau 
            im Bab el Mandeb. Heute Morgen vernehmen wir auf der Funke, dass die 
            Winde erträglich sind und alle Schiffe gut vorwärts kommen. 
            Alle Anzeigen stehen auf grün, wir sind ausgeschlafen und gut 
            vorbereitet. | 
         
          | Ausklarieren soll so einfach sein, wie das Einklarieren. 
            Ich packe alle Unterlagen in den Rucksack und paddle an Land. Das 
            Zollbüro ist geschlossen und so begebe ich mich direkt zur Immigration. 
            Ich bekomme einen für mich unverständlichen Zettel in die 
            Hand gedrückt und werde aufgefordert, zum Hafenkapitän zu 
            gehen. Der sei in einem grünen Gebäude, fünf Gehminuten 
            von hier entfernt. Als ich durch das Hafentor schreite, bieten mir 
            diverse Taxifahrer ihre Dienste an. Ich habe zwei gesunde Beine und 
            will zu Fuss gehen. | 
         
          | Wo genau sind die Hafenbehörden? Ich marschiere 
            in die angegebene Richtung und halte angestrengt nach dem grünen 
            Gebäude Ausschau. Die fünf Minuten sind schon lange um. 
            Ein klappriges Taxi hält neben mir. Ich frage nach dem Weg und 
            der Fahrer fordert mich auf, einzusteigen, obwohl ich ihm zu verstehen 
            gebe, dass ich kein Geld dabei habe. Er beharrt darauf, mich zu fahren 
            und ich steige ein. Der Wagen wendet und noch einmal gebe ich dem 
            Taxifahrer zu verstehen, dass ich kein Geld bei mir habe. Jetzt scheint 
            er mich zu verstehen, hält an und setzt mich wieder auf die Strasse. 
            Wenigstens erklärt er mir noch den Weg zum Hafengebäude. 
            Das grüne Hochhaus liegt keine 300 Meter weit weg | 
         
          | Das Gebäude ist alt und die technischen Einrichtungen 
            im Innern noch viel älter. Durch eine Glastüre erhasche 
            ich einen Blick auf den Funkraum. Ich erinnere mich, solche Apparate 
            das letzte Mal in einem Museum gesehen zu haben. In einem grossen, 
            fast leeren Raum erhalte ich die Port-Clearance. Der Bildschirm eines 
            Radargerätes, ein Funktelefon und das Mikrofon eines Funkgerätes 
            sind die ganze technische Ausrüstung. An der Wand hängt 
            eine grosse Schreibtafel. Eine Liste mit allen Hafenkais mit den zur 
            Zeit daran liegenden Schiffen ist darauf zu sehen. Drei Aktenschränke 
            aus Blech runden das Bild ab. Eine gewaltige, über drei Seiten 
            des Raumes reichende Fensterfront gibt den Blick auf den Hafen und 
            die Hafeneinfahrt frei. Kein Schiff kann ungesehen in den Hafen ein- 
            oder ausfahren. | 
         
          | Mit dem Papier in arabischer Schrift im Rucksack 
            marschiere ich zurück zur Immigration. Dort bekommt das Schriftstück 
            einige Stempel verpasst und zum Schluss werden mir unsere Pässe 
            ausgehändigt. Zum Zoll brauche ich nicht mehr zu gehen, denn 
            das schmucke Papier ist unsere Port-Clearance. Nun sind wir frei, 
            weiter zu fahren. Keiner der Beamten hat nach einem Baksheesh oder 
            einem Geschenk gefragt. Eine erfreuliche Tatsache. | 
         
          | Meine Frauencrew war fleissig an Bord und alles 
            ist für die Weiterfahrt bereit. Die Zeit hat sogar gereicht, 
            der Familie auf SALLY LIGHTFOOT ein Geschenk zu basteln. Wie aber 
            kommt das Schatztruckli nun auf das andere Schiff? Unser Dingi hat 
            heute unglaublich schnell den Weg an Deck gefunden und von dem Botengang 
            nichts mitbekommen. Ein kurzer Funkspruch löst das Problem und 
            kurze Zeit später dürfen unsere Kinder ihre Kostbarkeiten 
            überreichen. Wann und wo werden wir die Vier wiedersehen? | 
         
          | Die Harborcontrol erteilt uns die Erlaubnis, den 
            Hafen zu verlassen. Damit wissen wir auch, dass uns kein Containerschiff 
            in der Ausfahrt entgegen kommt. Eine kräftige Bö erfasst 
            unser Vorsegel und mit rauschender Fahrt geht es am Wellenbrecher 
            der Hafeneinfahrt vorbei. Im Windschatten der mächtigen Mauer 
            liegt eines der Coast-Guard Schiffe vertäut. Die Besatzung macht 
            Pause. | 
         
          | Immer wieder braust der Wind mit unglaublicher 
            Kraft ins kleine Segel. Doch ein paar Seemeilen von der Küste 
            entfernt nimmt der Wind stark ab. Er wird so schwach, dass wir das 
            kleine Vorsegel durch die grosse Genua ersetzen. Hoffentlich schläft 
            der Wind nicht ganz ein. | 
         
          | Auf dem Kurzwellenfunk erfahren wir am Abend, 
            dass der Deutsche Convoy an Aden vorbei gesegelt ist und sich kurz 
            vor dem Bab el Mandeb befindet. Wir werden ihnen folgen, doch mit 
            unserem eigenen Tempo. Wir werden mit Sicherheit nicht den Motor zu 
            Hilfe nehmen, um sie einzuholen. Die Gruppe berichtet von schönem 
            Segeln, moderaten Wellen trotz starkem Wind von hinten. Das hört 
            sich gut an und zuversichtlich nähern wir uns dem Verkehrstrennungsgebiet 
            der Grossschiffahrt. Diesen verkehrsreichen Schiffahrtsweg wollen 
            wir noch vor dem Flaschenhals überqueren, um dann auf der afrikanischen 
            Seite in den Norden zu segeln. | 
         
          |  | 
         
          | Gegen Abend ersetzen wir die Genua aus Sicherheitsgründen 
            durch die Fock. Ein Segelwechsel in der Dunkelheit ist um einiges 
            aufwendiger und gefährlicher als bei Tageslicht. Trotz der viel 
            kleineren Segelfläche machen wir schnelle und gute Fahrt. | 
         
          | Die ganze Nacht sehen wir immer wieder die hellen 
            Lichter der Frachtschiffe, die uns überholen und sich in Richtung 
            Suezkanal durch die Wellen pflügen. In der Gegenrichtung sehen 
            wir lange Zeit kein einziges Frachtschiff und dann kommt auf ein Mal 
            eine ganze Gruppe gefahren. Der Grund dafür ist die zeitliche 
            Abfertigung im Suezkanal. Die Schiffe werden in Konvois zweimal am 
            Tag durch den Kanal gelotst. Da die Schiffe alle in etwa gleich schnell 
            sind, bleiben sie über weite Strecken nahe beisammen. | 
         
          | Kurz vor Morgengrauen überqueren wir das 
            Verkehrstrennungsgebiet und nun segeln wir unmittelbar an der Grenze 
            des Fahrwassers. Bedingt durch die Konstruktion unserer Wind-Selbststeueranlage 
            fahren wir einen Schlangenlinienkurs. In der Ferne tauchen die Silhouetten 
            dreier Frachtschiffe im Dunst auf. Die Giganten steuern direkt auf 
            uns zu. Segeln wir so weiter, werden sie uns überfahren, obwohl 
            wir am Rand des Fahrwassers unterwegs sind. | 
         
          | Handsteuerung ist angesagt. Wir ändern den 
            Kurs und brausen in rasanter Fahrt quer zu den Frachtern noch weiter 
            vom Fahrwasser weg in Richtung Küste. Die drei Schiffe kommen 
            mit unglaublicher Geschwindigkeit näher, obwohl sie gegen Wind 
            und Wellen anfahren müssen. Im Abstand von 300 Metern passiert 
            uns das eine Schiff, die anderen Zwei sind weiter weg. Deutlich erkennen 
            wir die Gischt, die am Bug der Riesen bis aufs Deck spritzt. So schnell 
            die Frachter auftauchen, verschwinden sie hinter uns wieder. Nur der 
            Gestank nach Dieselabgasen liegt noch in der Luft. | 
         
          | Wir halten den grösseren Abstand zum Schiffahrtsweg 
            bei. Der Wind legt zu, die Wellen werden höher. Wir sind jetzt 
            an der engsten Stelle des Bab el Mandeb. Sollen wir zur nächsten 
            Insel abbiegen und Schutz suchen? Die deutschen Schiffe vor uns berichten 
            auf der morgendlichen Funkrunde, dass es trotz des starken Windes 
            noch angenehm zu segeln sei. Das empfinden wir ebenso und wir beschliessen, 
            weiter zu fahren. | 
         
          | Unsere Augen registrieren jede noch so kleine 
            Veränderung am Segel. Am Unterliek klafft ein Riss. Wir bergen 
            das Segel und ersetzen es durch eine noch kleinere Fock. Dafür 
            setzen wir zusätzlich die Sturmfock. Wir kontrollieren das geborgene 
            Segel und finden neben dem einen noch diverse weitere, kleine Risse. 
            Bei den angenehmen Bewegungen des Schiffes, machen wir uns sogleich 
            an die Arbeit, greifen uns Nadel und Faden und reparieren das Segel. 
            In der Zwischenzeit zieht PANGAEA unter kleinen Segeln weiter in den 
            Norden. | 
         
          | Es ist kaum zu glauben, aber der Wind legt ständig 
            zu und die Wellen werden immer höher. Der Wind kommt direkt von 
            hinten, obwohl wir schon etliche Male den Kurs geändert haben. 
            Die Meerenge kanalisiert den Wind. Die Wind-Selbststeueranlage steuert 
            das Schiff auf direktem Vorwindkurs nicht mehr richtig und den Kurs 
            können wir wegen der Meerenge und dem Schiffahrtsweg nicht ändern. 
            Die Selbststeueranlage arbeitet zu langsam. Immer wieder steht PANGAEA 
            quer zu den Wellen und die Segel schlagen fürchterlich gegen 
            die Wanten. Die nächste grosse Welle setzt das Vordeck unter 
            Wasser und ein grosser Gutsch Wasser gelangt bis in Cockpit. So kann 
            es nicht weiter gehen. | 
         
          | Ich installiere mich im Heck des Schiffes bei 
            der Ruderpinne und greife selber zu. Mit Händen und Füssen 
            zwinge ich PANGAEA ihren Kurs zu halten. Im T-Shirt und in kurzen 
            Hosen sitze ich auf dem harten Boden, den Rücken gegen eine der 
            Holzboxen gelehnt, lassen meinen Blick vom Segel, über den Horizont 
            zum Windanzeiger im Masttop wandern und wende alle Kraft auf, um die 
            Pinne zu bewegen. | 
         
          | In rhythmischen Abständen rollen zwei, drei 
            riesige Wellen von hinten auf unser Schiff zu, heben das Heck in die 
            Höhe, beschleunigen das Schiff und laufen mit atemberaubender 
            Geschwindigkeit unter dem Rumpf durch. Es gurgelt und zischt wie bei 
            einer Stromschnelle in einem Fluss. Sehen kann ich die Wellen nicht, 
            denn mein Blick ist nach vorne gerichtet. Aber hören kann ich 
            sie! In einem solchen Moment ist meine ganze Aufmerksam gefragt. | 
         
          | Ich fühle mich überhaupt nicht einsam 
            hier hinten am Heck der PANGAEA. Immer wieder steckt Anina, Noemi, 
            Sina oder Susan den Kopf zum Niedergang hinaus und schauen nach mir. 
            Zwischendurch bekomme ich auch feine Happen aus der Bordküche 
            serviert. | 
         
          | Den Kindern scheinen die schlingernden Bewegungen 
            unseres Schiffes zu gefallen. Immer wieder höre ich einen herzhaften, 
            fröhlichen Jauchzer aus der Inneren des Schiffes. Susan zeichnet, 
            malt und bastelt mit den drei Girls. Das Märchenbuch steht in 
            jeder freien Minute auf dem Programm, wenn die vier im Cockpit sitzen. 
            Sicher sind schon alle Geschichten des dicken Buches mindestens einmal 
            erzählt worden. Prinzen, Prinzessinnen, Frösche, Geissen, 
            Wölfe, und, und, und beherbergen unser Schiff. | 
         
          | Immer wieder versuche ich, die Selbststeueranlage 
            dazu zu bringen, die Arbeit zu übernehmen. Vergeblich. Ich muss 
            weiterhin von Hand steuern. In der Zwischenzeit habe ich den Nierengurt 
            und ein Halstuch montiert, denn der Wind kühlt beachtlich, obwohl 
            die Sonne warm vom Himmel scheint. | 
         
          | Ich lasse meine Gedanken wandern. Ich träume 
            von vergangenen Ankerplätzen, plane im Kopf die weitere Route 
            durch das Rote Meer, stelle mir unsere Ankunft im Mittelmeer vor, 
            grabe in Degersheim den Garten um, fahre mit der Eisenbahn in die 
            Berge, geniesse einen feinen Wurst-Käse-Salat mit einem knusprigen 
            Stück St. Galler Brot, stürze mich ins Menschengewühl 
            vom Züricher Hauptbahnhof, flitze mit der kleinen Segeljolle 
            übers Wasser, helfe meinen Kindern bei den Hausaufgaben, balge 
            mich mit ihnen auf dem Wohnzimmerboden
 Im nächsten Moment 
            bin ich nass und wieder in der Realität. Meine Aufmerksamkeit 
            war irgendwo und das haben die letzten zwei Wellen ausgenutzt! | 
         
          | Die Nacht kündigt sich an. Die Kälte 
            kriecht unter meine dünne Kleidung. Susan bringt mir Regenhose, 
            Windjacke und Gummistiefel. Drei Sitzkissen machen das harte Stahldeck 
            etwas erträglicher. Muss ich hier wirklich die ganze Nacht verharren 
            und das Schiff steuern? Mit dem Walkman verkürze ich mir die 
            Zeit und lausche gespannt einem Hörspiel. Manchmal höre 
            ich vom Text nur wenig, wenn die Wellen zu laut rauschen und der Wind 
            durch die Wanten pfeift. Sehen kann ich ausser dem beleuchteten Windanzeiger 
            im Masttop nichts. | 
         
          | Endlich nähern wir uns dem nächsten 
            Wegepunkt und können den Kurs etwas ändern. Ich hake die 
            Kette der Selbststeueranlage ein und verweile an meinem Platz. Schafft 
            sie ihre Arbeit? Es scheint so und ich darf endlich ins schützende 
            Cockpit wechseln. Was für eine Wohltat. | 
         
          | Wie ist es in der Zwischenzeit meiner Familie 
            ergangen? Die Kinder schlafen friedlich. Im Bauch von PANGAEA ist 
            vom Sturm nicht viel zu spüren. Susan liegt im Salon und schläft 
            ebenfalls. Sie hat sich dort hingelegt, um jederzeit zur Stelle zu 
            sein, wenn ich Hilfe benötige. Ja, die Bewegungen von PANGAEA 
            sind wirklich ruhig und angenehm. Jetzt merke ich, wie müde ich 
            bin. Susan scheint meine Anwesenheit im Cockpit gespürt zu haben. 
            Sie erscheint im Niedergang. Ich darf mich für ein paar Stunden 
            hinlegen. Mein Schlaf ist unruhig und jedes Geräusch lässt 
            mich hoch schrecken. | 
         
          |  | 
         
          | Wir nähern uns der Küste. Die Bergkulisse 
            ist atemberaubend. Das Meer ist aufgewühlt und ein dunstiger 
            Schleier hängt über der ganzen Szenerie. Nur noch wenige 
            Meilen, dann dürfen wir uns ausruhen. Wir erkennen bereits die 
            Masten von drei Segelschiffen. Wir sind nicht die einzigen, die eine 
            Pause benötigen. | 
         
          | Die Fahrt gegen den Wind ist langsam und die letzte 
            Meile scheint nicht vorbei zu gehen. Doch endlich fällt der Anker. 
            Augenblicklich strafft sich die Ankerkette. Die Kraft ist so gross, 
            dass die Kette sogar ab dem Kettenrad der Ankerwinsch springt! Schnell 
            befestigen wir ein Tau an der Kette und belegen es an den Festmachern 
            am Bug. Das Seil knirscht und ächzt. Der Wind heult und pfeift 
            über das Deck. Aufrecht stehen ist unmöglich. | 
         
          | Ein Landgang ist bei diesen Verhältnissen 
            unmöglich. Wir sind auf dem Schiff gefangen. Langeweile kommt 
            aber keine auf. Es wird gezeichnet, gemalt, erzählt, geschrieben, 
            gebacken, gekocht, gekuschelt und gestritten
 Nebenbei holen 
            wir uns auf allen möglichen Kanälen Wetterinfos ein. Wann 
            wird der Wind nachlassen? Wann können wir eine angenehmere Weiterfahrt 
            in den Norden wagen? Für die nächsten Tage sieht es um keine 
            Spur besser aus. Abwarten ist angesagt. | 
         
          | Eine heftige Bö erfasst unser Schiff. Gischt 
            spritzt bis in Cockpit. Immer wieder kontrollieren wir unsere Position 
            anhand verschiedener Landmarken. Irgend etwas hat sich seit Beginn 
            verändert. Unser Schiff rutscht. Der Anker hält nicht und 
            hinter uns liegt die MeNeVado! Wir müssen mehr Kette geben, damit 
            der Anker sich besser im Untergrund eingraben kann, doch dann kommen 
            wir dem anderen Segelschiff zu nahe. Über Funk erfahren wir, 
            dass die MeNeVado bereits sämtliche Kette (70m) draussen hat 
            und somit nicht weiter zurück fallen kann. Uns bleibt nur die 
            Möglichkeit, den Platz zu wechseln. Schafft es unser Motor, gegen 
            diesen starken Wind anzukommen? Wir haben keine Wahl und müssen 
            es versuchen. | 
         
          | Susan löst das Tau an der Ankerkette und 
            betätigt den Schalter für die Ankerwinsch. Der Elektromotor 
            spricht nur kurz an, dann bleibt er stumm. Die Kraft auf der Ankerkette 
            war zu gross und die elektrische Sicherung hat ausgelöst. Wir 
            starten einen zweiten Versuch. Ich kupple die Maschine ein und gebe 
            vorwärts Schub. Langsam setzt sich PANGAEA in Bewegung, die Kraft 
            auf die Ankerkette lässt nach und Susan kann sie einholen. Ein 
            letzter Ruck, dann ist auch der Anker aus dem Sand ausgebrochen. | 
         
          | Der Motor läuft fast auf höchster Tourenzahl. 
            Unendlich langsam schiebt sich unser Schiff durch die niedrigen Wellen 
            dem tobenden Wind entgegen. Doch wir bewegen uns. 200 Meter näher 
            am Land fällt der Anker wieder. Dieses Mal geben wir fast 80 
            Meter Kette und das bei einer Wassertiefe von gerade einmal zehn Metern. 
            Üblich ist, dass man dreimal so viel Kette gibt, wie das Wasser 
            tief ist. Je stärker der Wind, um so mehr Kette sollte man aber 
            geben. In unserem Ankerkasten ruhen noch zehn Meter Kette | 
         
          |  | 
         
          | Kein anderes Schiff am Ankerplatz lässt sein 
            Dingi zu Wasser. Plauderstunden müssen über Funk abgehalten 
            werden. Grib-Files und Wetterberichte sind Gegenstand unendlicher 
            Diskussionen. Die unterschiedlichsten Überlegungen werden eingebracht 
            und alle versuchen, den günstigsten Augenblick für die Weiterfahrt 
            zu bestimmen. Eine Windberuhigung scheint sich für den nächsten 
            Tag abzuzeichnen. Lassen wir uns überraschen. | 
         
          | Soeben fegt eine weitere Böe über das 
            Schiff. HARLEKIN verkündet, dass sie 45 Knoten (85 km/h) Windstärke 
            gemessen hätten
 An Land wirbelt der Wind ganze Sandhügel 
            auf und treibt die feinen Körner vor sich her. Innerhalb von 
            Stunden wird unser Schiff mit einer braunen Schicht überzogen. 
            Taue, Wanten, Wäscheklammern, Windgenerator, Cockpitscheiben, 
            einfach alles ist von einer dicken Schicht Sand bedeckt. An ein Öffnen 
            der Luken ist im Moment nicht zu denken, denn den Bauch von PANGAEA 
            wollen wir nicht mit Sandstaub füllen. | 
         
          | Am Abend nimmt der Wind ein wenig ab. Nur noch 
            mit 25 Knoten bläst er von den spitzen Vulkankegeln, die sich 
            wie Toblerone Stücke vom Himmel abzeichnen, zu uns herunter. 
            Wird er sich im Zaum halten und am frühen Morgen nicht wieder 
            zulegen? Schlafen wir darüber und schauen morgen in aller Früh 
            aus dem Niedergang. | 
         
          |  | 
         
          |  |