| 21.03 - 27.03.2005 | 
         
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          | Grosse, durchdringende Augen starren mich an. 
            Scharfe, lange Zähne glänzen in der langen Schnauze. Barracuda 
            Nummer Neun hat an unserem Haken angebissen. Doch gerade diese Sorte 
            Fisch wollen wir nicht. In all unseren Büchern steht, dass der 
            Barracuda in Bezug auf Ciguatera am gefährlichsten ist. Wir wollen 
            uns keine Fischvergiftung einhandeln und lassen Nummer Neun wieder 
            schwimmen. | 
         
          | Gesundheitliche Probleme scheinen im Roten Meer 
            bei Seglern häufig aufzutreten. Auf dem Red Sea Net hören 
            wir von etlichen Personen, die an schwerem Fieber und Durchfall erkrankt 
            sind. Auffallend ist, dass all diese Segler Massawa besucht haben 
            und die Krankheit unmittelbar nach dem Aufenthalt in der Hafenstadt 
            ausgebrochen ist. Der Krankheitsherd liegt allem Anschein nach beim 
            Genuss von Speisen und Getränken in lokalen Restaurants. Mir 
            geht unser Restaurantbesuch in Aden durch den Kopf | 
         
          | Frischfisch direkt aus dem Meer ist natürlich 
            am sichersten, solange es sich nicht um einen Barracuda handelt. Wann 
            beisst endlich ein anderer Fisch an? | 
         
          | Der Wind pendelt zwischen NW und NE. Die Hoffnung 
            auf Südwind haben wir aufgegeben. In den letzten Tagen haben 
            wir die Erfahrung gemacht, dass der Wind gegen Mittag auf NE dreht, 
            um dann zu Beginn der Nacht wieder auf N und weiter auf NW zurück 
            zu drehen. Wir haben auch gemerkt, dass der Wind in der Nacht schwächer 
            bläst als am Tag. | 
         
          | All diese Erfahrungswerte bewegen uns dazu, Sheikh 
            el Abu am Abend vor allen anderen Schiffen zu verlassen. Die meisten 
            wollen am nächsten Morgen aufbrechen. Wir wählen unseren 
            Kurs so, dass wir ständig die Genua gesetzt lassen und damit 
            mehr Geschwindigkeit fahren können. Das bedeutet natürlich, 
            dass der Weg länger wird, weil wir nicht den direkten Kurs anliegen 
            können. Wir kreuzen auf und nähern uns in der Nacht der 
            Küste zum Teil bis auf eine Seemeile. Geht unsere Rechnung auf? | 
         
          | Im Laufe des neuen Tages überholen uns alle 
            Schiffe, die am frühen Morgen gestartet sind. Sie fahren den 
            kürzesten Weg mit der Maschine und nehmen in Kauf, dass sie wegen 
            Gegenwind und Wellen langsamer durchs Wasser unterwegs sind. Es scheint, 
            dass ihre Taktik besser ist. Unsere Idee mit dem Aufkreuzen als Motorsegler 
            scheitert vor allem daran, dass der Wind ständig dreht und manchmal 
            auch nicht. Unser Wendewinkel ist miserabel. Wir geben auf, bergen 
            die Genua und steuern direkt auf den nächsten Wegepunkt zu. Sollte 
            der Wind zu unseren Gunsten drehen, werden wir das grosse Vorsegel 
            wieder setzen. | 
         
          | Um Mitternacht befinden wir uns in der Einfahrt 
            zum Khor Nawarat. Der Mond taucht die kleinen Inseln vor der eigentlichen 
            Lagune in zauberhaftes Licht. Der Anker fällt im Windschatten 
            einer dieser Inseln. Die sofort eintretende Ruhe ist ein Genuss. | 
         
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          | Windstärke und Richtung verunmöglichen 
            eine sofortige Weiterfahrt. Doch wir können wenigstens unser 
            Dingi zu Wasser lassen und die Gegend erkunden. Jede der Inseln hat 
            ein eigenes Gesicht. Die Eine bietet interessante Formen und Farben. 
            Bei der nächsten ist der Strand mit wunderschönen Muscheln 
            übersät. Die Dritte wartet mit einem Sandstrand auf, der 
            uns an die Postkarten der Malediven erinnert. Nummer Vier beherbergt 
            ein brütendes Falkenpaar und jede Menge Meeresgetier-Überreste. 
            Es ist spannend, jede der Inseln zu erforschen. | 
         
          | Bei der Unterwasserwelt müssen wir uns von 
            den Vorstellungen und Erinnerungen aus Chagos lösen. Viele der 
            Unterwasserplätze sind nicht mehr intakt und das Wasser oft trübe. 
            Trotzdem ist jedes Abtauchen ein Genuss und eine Entdeckungsreise 
            in eine immer wieder fremde, schöne Welt. | 
         
          | Die Zeit an Bord verbringe ich mehrheitlich mit 
            Routenplanung. Ideen, Infos und Vorschläge werden auf der UKW-Funke 
            zwischen den Schiffen ausgetauscht. Es ist interessant, andere Meinungen 
            zu hören. Der Red Sea Pilot" ist eine fast unerschöpfliche 
            Quelle von Ankerplätzen, Häfen und Routen. Eingehend studiere 
            ich den nächsten Abschnitt. Zusammen mit den Infos von Seglern 
            vorab, zeichnet sich in meinem Kopf immer deutlich ab, dass wir den 
            nächsten Hafen Suakin nicht anlaufen werden. Der Hauptgrund sind 
            die immensen Kosten, die damit verbunden sind. | 
         
          | Mussten wir in Salalah und Aden nichts fürs 
            Einklarieren und vor Anker liegen bezahlen, wollen Agent und Behörden 
            in Suakin viel Geld: Agent US$25, Shore passes US$28 pro Person und 
            Woche, Schiff US$ 17.50, usw. Auch ein kurzer Aufenthalt würde 
            unsere Familie über US$150 kosten. Diese Summe übersteigt 
            unser Budget bei weitem. Natürlich schmerzt es, auf diese sicher 
            interessante Stadt zu verzichten. | 
         
          | Wir benötigen dringend Diesel. Seit Aden 
            war der Motor sehr viel im Einsatz und ich konnte 210 Liter Treibstoff 
            in unseren 240 Liter fassenden Haupttank nachfüllen. Die meisten 
            Reservekanister sind nun leer. Die nächste Versorgungsmöglichkeit 
            für Diesel ist Suakin und dann das 600 Seemeilen entfernte Port 
            Ghalib in Ägypten. Die HARLEKIN bietet uns an, unsere Kanister 
            in Suakin zu füllen und später wieder zu überreichen. 
            Wir sind froh um dieses Angebot. | 
         
          | Unmittelbar bei Suakin gibt es eine Ankermöglichkeit 
            und ich stecke die Routen dorthin ab. Wir haben drei Möglichkeiten: 
            Eine äussere Route, die um die vielen Korallenriffe herum führt; 
            eine mittlere Route, welche einen breiten, bei Nacht befahrenen Kanal 
            benutzt und die Innere Route, die durch einen engen, gewunden Kanal 
            der Küste entlang führt. Die Innere Route ist nur bei Tageslicht 
            befahrbar. | 
         
          | Wir entscheiden uns für den engen Kanal der 
            Küste entlang. Der Grund ist das Wegfallen der Wellen in diesem 
            Labyrinth von Riffen. Gegenwind bremst zwar, doch am schlimmsten sind 
            die Wellen, in die alle Segelschiff mit unglaublicher Gewallt knallen. 
            Aufbrechen wollen einmal mehr am Abend, um den abnehmenden Wind in 
            der Nacht ausnutzen zu können. | 
         
          | Es ist erstaunlich, wie sich der Wind an unsere 
            Erfahrungswerte hält. Am Nachmittag bläst er mit bis zu 
            20 Knoten übers Land und Wasser. Bedenken für die Weiterfahrt 
            keimen auf. Sobald sich die Sonne dem Horizont nähert, nimmt 
            der Wind ab. Wir sind unterwegs. | 
         
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          | Beim ersten Tageslicht nähern wir uns Long 
            Island, am Eingang zum Shubuk Channel. Die Deutschen Schiffe haben 
            hier übernachtet und sie brechen gerade auf, als wir noch eine 
            Seemeile entfernt sind. Da wir nicht nach Suakin einfahren, wollen 
            wir uns Zeit für den Shubuk Channel nehmen. | 
         
          | Gemäss Handbuch gibt es auf Long Island eine 
            riesige Flamingo-Kolonie und das Tauchen/Schnorcheln soll erste Klasse 
            sein. Susan lässt sich nicht halten und springt kurz nach dem 
            Ankermanöver ins Wasser. Ein Aufschrei lässt mich wissen, 
            dass das Wasser eisig" kalt ist. Schon nach kurzer Zeit 
            kehrt sie schlotternd vor Kälte zurück aufs Schiff. Die 
            Korallen und Fische würden zum Verweilen einladen, doch sobald 
            man sich nicht mehr bewegt, ist es vorbei mit der Körperwärme. | 
         
          | Die Flamingo-Kolonie entpuppt sich als Einsiedlerdasein 
            eines einzelnen Exemplars der gesuchten Gattung. Und dieser Vogel 
            steht so weit von uns weg, dass er auf dem Bild nur als winziger Punkt 
            abgebildet wird. Die fast ausgetrocknete Insellagune verschafft uns 
            dafür ein schlammig, morastiges Spaziervergnügen | 
         
          | Das Dingi hieven wir ausgefaltet aufs Vordeck. 
            Vielleicht gibt es am nächsten Ankerplatz ebenfalls etwas zu 
            erkunden. Wir heben den Anker, setzen das zweifach gereffte Gross 
            zusammen mit der Sturmfock und brausen los. Der Wind hat mal wieder 
            kräftig zugelegt. Es ist einfach erstaunlich, wie die Tagesthermik 
            in dieser Gegend das Windgeschehen beeinflusst. Handbuch, GPS, Feldstecher, 
            Peilkompass und Seekarte liegen im Cockpit. Hell leuchten die Korallenriffe 
            in der hochstehenden Sonne. Keine Wolke ist am stahlblauen Himmel 
            zu sehen. Ideale Verhältnisse für eine Riff-Passage. | 
         
          | Immer wieder sind einfache Seezeichen zu erkennen, 
            die uns den Weg weisen. Das anfänglich mulmige Gefühl wegen 
            der vielen Riffe und dem scheinbar engen Fahrwasser verschwindet. 
            Die Realität ist um einiges breiter als unsere Vorstellung und 
            die vielen Seezeichen helfen bei der Navigation sehr. | 
         
          | Wellen bauen sich tatsächlich keine auf und 
            wir kommen mit den Segeln und unterstützt vom Motor zügig 
            vorwärts. Die Nacht wollen wir irgendwo hinter einem der vielen 
            Riffe verbringen, um den Rest des Kanals am nächsten Morgen in 
            Angriff zu nehmen. Keine Insel ist zu sehen, als die Ankerkette rasselnd 
            über die Bugrolle schiesst. Nur ein rot leuchtendes Seezeichen 
            glänzt in der Abendsonne. Eine letzte Windböe pfeift durchs 
            Rigg, dann ist es still. Kein Laut ist zu vernehmen. Die Sonne verschwindet 
            hinter der Bergkette der Küste und die ersten Sterne glitzern 
            am Himmel. | 
         
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          | Mit dem Morgen kommt der Wind zurück. Gegenwind
 
            Gewohnheitsmässig schalten wir um halb neun das Funkgerät 
            auf der Frequenz der Deutschen Segler ein. Wir rechnen damit, dass 
            niemand auf dem Netz ist, da sich alle im Hafen von Suakin befinden. 
            Doch Norbert von der HARLEKIN meldet sich und was wir jetzt zu hören 
            bekommen, verschlägt uns die Sprache: | 
         
          | Er habe dem Agenten Abu Mohammed geklagt, dass 
            da eine Segler-Familie mit drei Kindern an Bord vor dem Hafen irgendwo 
            ankern müsse, weil ihnen der Hafen zu teuer sei. Der Agent habe 
            daraufhin beschlossen, dass wir in den Hafen kommen sollen, eine Nacht 
            bleiben dürften, nicht einklarieren müssten und auch nichts 
            zu bezahlen bräuchten
 Kann das wirklich war sein? Irgendwo 
            muss es da doch einen Haken geben. An Land dürfen wir mit grosser 
            Wahrscheinlichkeit nicht. Wir wollen es auf einen Versuch ankommen 
            lassen, lichten den Anker und nehmen die 20 Seemeilen nach Suakin 
            unter den Kiel. | 
         
          | Sobald wir aus dem engen Shubuk Channel heraus 
            fahren, haben uns die Wellen wieder. Nur langsam kommen wir unserem 
            Ziel näher. Kurz vor Anbruch der Dämmerung passieren wir 
            die zwei äusseren Tonnen der Einfahrt. Bis zum Ankerplatz müssen 
            wir fast drei Seemeilen durch eine Art Kanal im Riff und Hafen fahren. 
            Als erstes erkennen wir an Land die Geschützstellung der Hafenverteidigung. 
            Schnell lege ich meinen Feldstecher zur Seite. Ich bin überzeugt, 
            dass ein genaues Hinschauen einiges an Land in Bewegung setzen würde. | 
         
          | Ein riesiger Parkplatz mit den unterschiedlichsten 
            Fahrzeugen darauf kommt als nächstes in Sicht. Ein mittelgrosses 
            Passagierschiff liegt am Quai vertäut. Frauen, Kinder und Männer 
            winken uns fröhlich von der Reeling aus zu. Es sind Pilger, die 
            sich auf dem Weg nach Mekka befinden. Die meisten Moslempilger des 
            afrikanischen Kontinents reisen über Land bis nach Suakin, um 
            hier die Fähre nach Djidda zu nehmen. Von dort sind es nur noch 
            70 Kilometer bis nach Mekka, der heiligsten Stadt des Islam. | 
         
          | Unwirklich und abstrakt taucht vor uns ein riesiges 
            Ruinenfeld auf. Es sind die Überresten der alten Stadt Suakin. 
            Die Gebäude wurden aus Korallengestein gebaut, welches sehr schnell 
            verwittert und zerfällt. Keine zehn Meter neben den Überresten 
            des alten Hotels schiebt sich PANGAEA durch die Enge Einfahrt auf 
            den Ankerplatz. Mit uns kommen zwei andere Yachten an. Wir sind gespannt, 
            was nun geschehen wird. | 
         
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