(23°39'S/178°54'W) 12/15.-22.11.2003
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Die ersten vier Stunden haben wir Gegenwind. Der
Pass durch den wir fahren ist zu eng zum Aufkreuzen und deshalb schiebt
uns der Motor vorwärts. Sobald wir Tongatapu passiert haben,
können wir abfallen und der Wind kommt ideal von der Seite. Mit
zweifach gerefftem Gross und den zwei kleinen Vorsegeln machen wir
gute Fahrt. |
Sind wir nicht zu schnell? Kommen wir nicht in
der Nacht beim Minerva Reef an? Wir sind mit 100 Seemeilen noch zu
weit weg, um das entscheiden zu können. Der Wind nimmt ständig
ab und wir vergrössern die Segelfläche. Die nächste
Regenwolke bringt den Wind ganz zum erliegen und als sie sich verzogen
hat, weht er genau aus der entgegengesetzten Richtung. Das heisst,
wieder hart am Wind segeln. |
Es ist Morgen. Nach GPS und Seekarte sind wir
noch zwei Seemeilen vom Riff entfernt. Von der Brandung sehen wir
noch nichts. Eine Insel gibt es im Minerva Reef nicht und somit auch
keine Palmen, die man bereits aus etwa fünf bis sieben Seemeilen
Entfernung sieht. |
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North Minerva Reef (23°51'S, 178°55'W.),
nearly circular in shape, has a diameter of about 3 miles. The reef,
which dries about 0.6m or 0.9m, was reported (1975) to give a good
radar echo. An opening about 0.2 mile wide, and which has tidal currents
running through it at rates of 3 knots, leads into the coral-free
lagoon. Anchorage may be had in depth of 27m, sand, near the centre
of the lagoon. |
(Pub.126; Sailing Directions; Pacific Islands) |
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Ich nehme das Fernglas und suche damit den Horizont
ab. Jetzt entdecke ich etwas. Nein, das kann doch nicht sein. Ein
richtiger Wald von Mästen sticht in den Himmel. Ich versuche
sie zu zählen und komme auf 18 Schiffe, die bereits in der Lagune
vor Anker liegen! Hafen Minerva Reef
Alle diese Schiffe warten
auf ein gutes Wetterfenster, um weiter nach New Zealand segeln zu
können. |
Noch bis vor wenigen Jahren hat die gesamte Schifffahrt
einen riesigen Bogen um die Minerva Reefs gemacht. Zu gefährlich
war die Annäherung an diese Untiefen (North und South Minerva
Reef). Heute im Zeitalter von GPS und elektronischen Seekarten sind
die Lagunen ein beliebter Stopp auf dem Weg nach und von New Zealand
geworden. |
Nach Karte sind wir noch weniger als eine Seemeile
vom Pass entfernt. Und jetzt endlich sehen wir die sich brechenden
Wellen. Stimmt die Richtung zum Pass? Die Einfahrt in die Lagune ist
noch nicht gut sichtbar und ich richte mich ganz nach dem GPS. Noch
eine halb Seemeile und jetzt wird der Pass deutlich sichtbar. Auf
beiden Seiten brechen sich Wellen und das Riff schaut zum Wasser heraus.
Die Einfahrt ist über 100 Meter breit und 14 Meter tief. Sogar
ein Frachtschiff könnte durchfahren. |
Apropos Frachtschiff: Seit wir uns dem North Minerva
Reef nähern sehen wir die ganze Zeit einen Tanker um das Riff
fahren. Ob er auch in die Lagune einfahren will? Sollte das wirklich
der Fall sein, dann kommt wettermässig etwas Gröberes auf
uns zu. Irgendwann dreht er aber ab und verschwindet hinter dem Horizont. |
Wir fahren quer durch die ganze Lagune zur Luv-Seite.
Das Riff kann den Wind nicht abhalten, aber die Wellen. Weil im Normalfall
die Wellen auch aus der Windrichtung kommen, sucht man auf der Windseite
(Luv), direkt hinter dem Riff Schutz. Hält der Anker an diesem
Ort nicht, treibt man in die offene Lagune und nicht auf das Riff. |
Je näher wir dem Riffgürtel kommen,
um so heller wird das Wasser. Es schimmert in den verschiedensten
blau und türkis Farben. Ein faszinierender Anblick. |
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Wir ankern mitten im Pazifik. Keine Insel ist
weit und breit zu sehen. So weit das Auge reicht nur Wasser. Ein kribbelndes
und unheimliches Gefühl zugleich. Nur das Getöse der Brandung
am Aussenriff dringt bis zu uns aufs Schiff und die Taue schlagen
manchmal gegen den Mast. Sonst ist es still. Seevögel gibt es
keine, da ihnen der ständige, feste Boden zum Nisten fehlt. |
Eine unserer ersten Tätigkeiten ist das Dingi
fahr- und segelbereit machen. Schon bald schwimmt es vergnügt
auf dem Wasser. Bei den anderen Schiffen Hallo sagen und Geschichten
austauschen ist angesagt. Wer hat was wo erlebt? Wo gibt es schöne
Ankerplätze? Wer hat welche Probleme mit Technik oder Geräten?
Wo und wie kann man helfen? Die Seefahrer bilden eine grosse Familie,
wo jeder jedem hilft. Ein schönes Gefühl, gerade an einem
so unwirklichen Ort wie hier. |
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Wie wäre es mit einem Spaziergang? Die Uferpromenade
ist zur Zeit gerade nicht unter Wasser. Ein kräftiger Wind bläst
über die Lagune und wir ziehen unsere Regenkleidung und Faserpelze
an. Es ist kühl geworden und das Wasser hat nur noch 23°C.
Dick eingepackt machen wir uns auf den Weg. Unser segelndes Dingi
fällt natürlich auf und von allen Schiffen wird uns fröhlich
zugewinkt. |
Wir segeln über die unterschiedlichsten Wasserfarben.
Verschiedene dunkle Flecken tauchen auf. Das sind Korallenstöcke,
die noch weiter zur Wasseroberfläche reichen. Doch plötzlich
bewegt sich einer dieser dunklen Flecke und ein langer Schwanz kommt
zum Wasser heraus. Ein Rochen gleitet neben unserem Dingi her. Er
ist nicht scheu und wir können ihm sogar eine Zeitlang folgen.
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Die Riffinnenkante ist nun sehr gut sichtbar.
Sie schaut etwa einen halben Meter aus dem Wasser. Rinnsale plätschern
über die Kante in die Lagune. Direkt an dieser Kante entlang
führt eine Art Kanal dem Riff entlang. Das Wasser ist hier um
einiges tiefer als etwas weiter weg von der Riffplatte. |
Wir springen geschwind aus dem Dingi an Land"
und setzen den kleinen Anker in ein Loch. Wir schauen uns um. Eine
riesige Ebene öffnet sich vor uns. Die Riffplatte ist nicht ganz
trocken, sondern überall hat es Löcher, die mit Wasser gefüllt
sind. Ob die Idee mit den Gummistiefeln gut war? Wir marschieren los.
Es zieht uns an die Aussenseite des Riffes, dort wo sich die hohen
Wellen des Pazifik schäumend brechen. Wir versuchen, dass unsere
Kinder keine nassen Füsse bekommen. Doch irgendwann geben wir
dieses Unterfangen auf. |
Das Riff ist nicht etwa tot. Nein, auf ihm lebt
das verschiedenste Getier: Seegurken, Muscheln, Würmer, Schnecken,
Seesterne, usw. Immer wieder flitzen Fische durch die Pfützen,
die untereinander verbunden sind. Das Wasser ist aber zum Teil so
seicht, dass sich die Fische auf die Seite legen müssen, um nicht
an die Steine zu stossen. |
Das Getöse der Brandung wird immer lauter
und die Luft immer salzhaltiger. Das Plateau ist etwas 100 bis 150
Meter breit. Wir sind am Aussenriff angelangt. Hier hat sich die Brandung
tiefe Kanäle gefressen. Im kristallklaren Wasser schimmern Korallen
in den verschiedensten Farben. Im nächsten Moment füllt
eine Welle den Kanal mit schäumendem Wasser und schon fliesst
es wieder ab. Unaufhörlich kommt und geht das Wasser. Hier wäre
es genial zum Schnorcheln, wenn da nur nicht die starke Brandung wäre. |
Eine Pfütze ohne ein Bad, das kann doch nicht
sein. Anina und Noemi sind fast nicht zu halten, sie wollen ins Wasser.
Auf dem Rückweg zum Beiboot werden sie mit allen Kleidern am
Leib immer nässer. Ist ja auch klar, wenn eine schöne Muschel
im Wasser liegt, dann muss die doch hochgehoben werden. Die Ärmel
zurück rollen? Was ist das? |
Mir geht immer wieder durch den Kopf, dass ich
mitten im Pazifik einen Spaziergang unternehme
Unwirklich und
genial, was Gott da geschaffen hat. Dieses Korallenatoll ist wie eine
Nadel, die in die Tiefe des Pazifik gesteckt wurde und deren Kopf
an die Meeresoberfläche reicht. Rund um das Riff stürzt
der Grund ins Bodenlose bis auf eine Tiefe von 2000 Meter! |
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Auf dem Funk hören wir immer wieder, wie
Skipper miteinander diskutieren, wann nun das beste Wetterfenster
nach New Zealand sei. Wir staunen, wie gewisse Segler mit hundertprozentiger
Genauigkeiten sagen können, wo sie in fünf Tagen sein werden
und wie dann das Wetter dort sein wird. |
So herrscht in der Marina Minerva Reef ein Kommen
und Gehen. Von einem Schiff haben wir nicht erwartet, dass wir es
hier sehen werden. An einem Morgen kommt Anina ganz aufgeregt aus
dem Cockpit in den Bauch von PANGAEA gestürmt. Dä
grossi Katamaran isch da!" Welcher grosse Katamaran? Das wird
doch nicht etwa MOANA sein? Lew hatte uns erklärt, dass er von
Tongatapu geradewegs nach Opua fahren werde, so gerne er im Minerva
Reef vorbeikommen würde. |
Wir werfen einen Blick über den Ankerplatz
und tatsächlich, MOANA liegt keine hundert Meter von uns entfernt
vor Anker
Sein Wetterdienst habe ihm geraten, einen Stopp einzulegen
und auf Flautenwetter zu warten, erklärt uns Lew. |
Das Wetter für die Segler hingegen ist sehr
gut. Nach und nach verlassen alle Segelschiffe die Lagune. Viele von
ihnen warteten bereits über eine Woche auf den richtigen Wind
für die Weiterfahrt. Wir entscheiden uns, noch ein paar Tage
zu bleiben und auf das nächste Wetterfenster zu warten. Vier
Tage nach unserer Ankunft sind wir mit MOANA alleine auf dem Ankerplatz.
Ein komisches Gefühl. Was ist, wenn wir plötzlich alleine
hier sind und eine Panne haben? |
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Es gibt drei Möglichkeiten, die Unterwasserwelt
zu erkunden: Schnorcheln, Tauchen und Fischen. Die MOANA-Crew hat
sich ganz dem Fischen verschrieben. Schon bald sind am Heck des Motorbootes
diverse Angelruten zu sehen. Uns nimmt es natürlich wunder, ob
sie erfolgreich sind. Wir sehen gerade, wie Pascale einen grossen
Fisch an Bord zieht. Schnell sind wir bei MOANA, um den Fang zu bestaunen.
Ein etwa 50 Zentimeter langes Exemplar liegt auf dem Deck. Was ist
das wohl für ein Fisch? Die ganze Crew ist am Bücher wälzen.
Nach längerem Suchen werden sie fündig (habe den Namen leider
vergessen). Im schlauen Buch steht, dass dieser Fisch Ciguatera gefährdet
ist. Das ist eine Fischvergifung, die nach dem Genuss Lähmungserscheinungen
hervorrufen und sogar tödlich enden kann. Es gibt einen speziellen
Test, um die Giftigkeit herauszufinden. Leider ist das Resultat von
Pascales Fang positiv und der Fisch landet nicht auf dem Grill sondern
wird zum Haifutter. |
Wir wählen die Variante mit dem Schnorchel.
Ein gewisses Kribbeln besteht bei jedem Gang ins Wasser. Wir haben
gehört, dass es hier viele Haie geben soll. Es gibt über
400 Haiarten und gerade einmal zwölf davon sind für Menschen
gefährlich. Doch zu welcher Art gehört das Tier, das gerade
neben dem Dingi vorbeischwimmt? |
Es ist faszinierend, all die Fische und anderen
Lebewesen unter Wasser zu sehen und zu entdecken. Mit unserer Kamera
fangen wir das Gesehene ein, um es auch dem Partner und den Kindern
zeigen zu können |
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Neben all den Entdeckungstouren erledigen wir
die verschiedensten Arbeiten an Bord. Der Wind treibt unseren Windgenerator
kräftig an und somit haben wir genügend Energie. Im Salon
steht die Nähmaschine auf dem Tisch. Susan flickt alle Kleidungsstücke
die vom intensiven Gebrauch Löcher bekommen haben. Manches Loch
rührt aber auch von einer Schere, die in Kinderhände geraten
ist
Viele andere, kleine Arbeiten haben wir immer zur Seite
geschoben. Jetzt finden wir Zeit, sie in Angriff zu nehmen. |
Schon fast eine Woche sind wir an diesem einmaligen
Ort. Langsam wird es Zeit, an die Weiterfahrt zu denken. Jeden Tag
rufen wir Wetterfaxe ab und melden uns im Funknetz der ANNA MARIA.
Winfried berät uns in Sachen Wetter und gibt uns Tips, wann ein
gutes Wetterfenster zu erwarten ist. Doch eilig haben wir es eigentlich
nicht. |
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