31.10 - 04.11.2002
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Bereits liegt der Ala Wai Harbor von Honolulu
hinter uns. Wir sehen nur noch das Lichtermeer der Waikiki-Beach und
den erleuchteten Regenbogen des Hilton-Hotels. Wir steuern ein Seezeichen
vor dem Diamond-Head an. Von dort soll es dann in einer geraden Linie
nach Big Island gehen. Doch
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Kurz nach dem Seezeichen wollen wir die Segel
setzen. Leider setzen mit dem Wind auch die Wellen ein. Die Wellen,
die durch die Inselabdeckung vorher nicht zu spüren waren. Auf
dem Vordeck werde ich nur so durch die Luft geworfen und es ist wie
auf einer Achterbahn. |
Anina, die bereits geschlafen hatte ist wieder
wach und schreit aus der Bugkoje. Ihr ist einmal mehr schlecht. An
eine Weiterfahrt ist unter diesen Umständen nicht zu denken.
Also drehen wir nach wenigen Seemeilen wieder um. Wir machen erneut
am gleichen Liegeplatz im Ala Wai Harbor fest. Was nun? Sollen wir
nun endgültig in Honolulu den Winter verbringen? Ich habe meinen
Entschluss schnell gefasst: Nein, ich will weiter nach Big Island.
So sage ich Susan, dass wir am nächsten Morgen in aller Früh
den nächsten Versuch wagen. Später erfahre ich, dass sie
von diesem Entschluss gar nicht begeistert war. |
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Es ist immer noch dunkel, als wir die Marina erneut
verlassen. Wie weit werden wir dieses Mal kommen? Die Segel setzen
wir nun bereits kurz nach der Ausfahrt, wo das Wasser noch ruhig ist.
Jetzt sind wir also unterwegs nach Big Island. Wir haben uns aber
entschieden, nicht direkt dorthin zu segeln, sondern in Kaumalapau
auf Lanai einen Zwischenstopp einzulegen. |
Erneut begrüsst uns der Kanal zwischen Molokai
und Lanai mit ungemütlichen Wellen und sehr viel Wind. Und natürlich
bläst der Wind genau aus der Richtung wo wir hinwollen. Susan,
Anina, Noemi und auch ich sitzen im Cockpit. Die elektrische Selbststeueranlage
kann das Schiff bei diesen Wellen und dieser Windrichtung nicht mehr
sicher steuern und so übernehme ich einmal mehr das Ruder. |
Anina mag diese Wellen überhaupt nicht und
sie ist fürchterlich seekrank. Susan und ich sind froh, wenn
wir nicht unter Deck müssen. Nur Noemi scheinen die Wellen überhaupt
nichts auszumachen. Sie ist fröhlich und will ständig etwas
essen. Das ist ihre Lieblingsbeschäftigung! |
Ganz hart am Wind kommen wir nur langsam vorwärts
und unser Ziel scheint immer weiter weg. Die Sonne verschwindet bereits
hinter dem Horizont, als wir an der Küste von Lanai ankommen.
Bis wir in Kaumalapau sind, ist es stockdunkel. Da auch noch Neumond
ist, sehen wir von Lanai überhaupt nichts mehr. Zwei Seezeichen
markieren den Hafen: Ein weisses an der Steilküste und ein grünes
neben dem Wellenbrecher. Sonst sind keine beleuchteten Seezeichen
im Hafen zu finden. Ich bin froh, dass wir in diesem Hafen schon einmal
gewesen sind, so dass ich die Situation im Hafenbecken kenne. |
Langsam tasten wir uns vorwärts, immer näher
an den Hafen heran. Einmal mehr unterschätzen wir die Distanz
und befinden uns plötzlich im Hafenbecken. Schnell bereiten wir
den Anker vor und schon kurze Zeit später liegt unser Schiff
friedlich auf dem Wasser. Wo sind Wind und Wellen geblieben? Bis vor
die Hafeneinfahrt waren beide noch stark zu spüren. Aber jetzt
ist es ganz ruhig und ein glitzerndes Sternenmeer breitet sich über
dem Himmel aus. |
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Den ganzen nächsten Tag verbringen wir an
Bord. Wir ruhen uns aus, für den nächsten Teil unserer Überfahrt
nach Big Island. Denn wir wissen, dass auch der nächste Abschnitt
unserer Etappe sehr anstrengend werden kann. |
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Den Start nehmen wir dieses Mal gemütlich.
Wir frühstücken in aller Ruhe und machen dann das Schiff
für die Weiterfahrt bereit. Schon kurz nachdem wir den Hafen
verlassen haben, bläst der Wind stark von der Steilküste
herab. Doch schon bald schläft er wieder ein und wir fahren mit
Motorkraft dem nächsten Zwischenhalt entgegen. |
Vor Maui liegt eine kleine Insel, Molokini, die
bei Touristen als Schnorchelziel sehr beliebt ist. Hier machen wir
PANGAEA an einer Boje fest. Ich versuche ein wenig zu schlafen, damit
ich für den nächsten Kanal fit bin. Doch der Schlaf will
nicht kommen. Das ist auf Kommando auch nicht so einfach. |
Mit einem Birchermüessli mit vielen frischen
Früchten stärken wir uns für die nächsten Stunden.
Der Sonnenuntergang ist grandios und wir geniessen die Stille des
Platzes. Es ist schon völlig dunkel, als wir uns von der Boje
lösen. |
Wieder setzen wir die Segel im noch ruhigen Wasser
der Inselabdeckung. Susan legt sich mit Noemi zum Schlafen in die
Heckkoje und Anina schläft bei mir im Cockpit. Sie wollte nicht
unter Deck gehen. Ihr ist unser abendlicher Start von Honolulu noch
zu gut im Gedächtnis. |
Am Ufer von Maui leuchtet ein Leuchtturm und zeigt
uns den richtigen Weg. Er zeigt uns aber auch, dass wir nun aus der
Wind- und Wellenabdeckung von Maui heraus sind. Und genau das bekommen
wir nun auch zu spüren. Der Wind legt um einige Windstärken
zu und die Wellenberge wachsen in die Höhe. Dieses Mal haben
wir aber einen etwas günstigeren Kurs. Der Wind bläst genau
von der Seite und auch die Wellen kommen seitlich auf das Schiff zu.
Sogar die Selbststeueranlage kann das Schiff lenken. |
Dann merke ich, wie eine grössere Welle das
Schiff packt und im nächsten Moment bin ich nass. Eine Welle
genügt natürlich nicht und eine zweite sucht sich den Weg
ins Cockpit. Von diesem Moment an, übernehme ich wieder selber
das Steuern. Ich will nicht noch einmal eine unfreiwillige Salzwasserdusche.
Und da Anina im Cockpit schläft, will ich auch nicht, dass sich
noch einmal eine Welle hier niederlässt. |
56 sm sind es noch bis Kailua-Bay unserem endgültigen
Ziel. Bei einer Geschwindigkeit von 5 Knoten sind das 11 Stunden Fahrt.
Susan kann mich im Moment beim Steuern nicht ablösen. Stunde
um Stunde vergeht und wir kommen unserem Ziel immer näher. |
Was gehen einem eigentlich für Gedanken durch
den Kopf, wenn man so lange an einem Ort sitzen muss und nichts anderes
tun kann, als ein Schiff zu steuern? Meine Gedanken gehen auf Wanderschaft,
ich rede mit Gott, ich singe und mein Blick wandert immer wieder zum
GPS, welches mir die Distanz bis zum Ziel anzeigt. Schweifen meine
Gedanken aber zu stark ab, dann bin ich sehr schnell wieder zurück
auf dem Schiff, weil ich nämlich nass werde. Das Schiff verlangt
die volle Aufmerksamkeit. Die Wellen kann ich zwar nicht sehen, doch
ich kann sie spüren und entsprechend reagieren. |
Für einmal sind wir nicht alleine unterwegs.
Überall entdecke ich Lichter von anderen Schiffen. Ein Licht
wird sehr schnell immer grösser. Es ist ein riesiges Kreuzfahrtenschiff,
welches nahe vor uns vorüberzieht. Es ist ein richtiger Weihnachtsbaum,
der da vorbeifährt. So schnell wie er aufgetaucht ist, so schnell
verschwindet er auch wieder in der Ferne. Und ich bin wieder alleine
mit Wind, Wellen und meinen Gedanken. |
Kurz bevor die Dämmerung die Sterne langsam
zum verblassen bringt, kommen wir in die Abdeckung von Big Island.
Spürbar werden die Wellen kleiner und ruhiger. So kann auch die
Selbststeueranlage PANGAEA wieder über das Wasser führen.
In dem Moment macht sich bei mir aber auch die Müdigkeit bemerkbar.
Ich nicke immer wieder ein. Doch die nächste starke Bewegung
vom Schiff weckt mich sofort wieder auf. |
Auch die Kälte dringt langsam in all meine
Knochen. Ja genau, die Kälte. Seit der Abfahrt auf Molokini Island
trage ich die gesamte Segelbekleidung mit Hosen und warmer Jacke.
Und doch habe ich langsam kalt. Man kann also auch in den Hawaii Inseln
frieren. |
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Langsam fahren wir der Küste entlang und
nähern uns immer mehr Kailua Bay unserem Ziel. Schon weit weg
sehen wir ein riesiges Kreuzfahrtschiff in der Bucht liegen. Unser
Schiff ist da verschwindend klein. |
Durch ein Bojenfeld tasten wir uns immer näher
ans Ufer. Wir suchen einen guten Platz, um den Anker fallen zu lassen.
Von einem anderen Boot ruft uns jemand zu, wir sollen doch an diese
oder jene Boje gehen. Die würden von niemandem mehr gebraucht.
Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen. Schon kurze
Zeit später hängt PANGAEA an einer orangen Boje und wir
ruhen uns aus. Das heisst, ich lege mich aufs Ohr und Susan räumt
das Chaos im Schiff auf, welches durch die Wellen entstanden sind. |
Als nächstes steht nun der Zoll auf dem Programm.
Doch das ist eine andere Geschichte, die als nächstes erzählt
werden soll. |
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