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11.-15.05.2003

 
Die Menschengeräusche auf der PANGAEA sind schon seit einigen Stunden verstummt. Alles schläft. Die Uhr zeigt zwei Uhr in der Früh. Vor gut zwei Stunden war Wachwechsel. Ein monotones rum, rum vom vorbeiziehenden Kielwasser ist zu vernehmen und das Zischgeräusch des Windgenerators. Ab und zu schlägt ein Scharnier an einen anderen Beschlag, dazu kommt das quietschende Geräusch unserer elektrischen Selbststeueranlage, die im Moment in Betrieb ist und das piep, piep, wenn sie den eingegebenen Kurs nicht einhalten kann. Viele Geräusche sind sehr laut, viel zu laut für den stillen Ozean. Nein, von Stille kann im Moment keine Rede sein. Durch die immer wiederkehrenden heftigen Böen, hat Christoph unsere Fock herunter geholt. Sie hatte die PANGAEA zum vibrieren gebracht und wir hatten Angst, dass durch die Vibration ein Drahtseil oder das Segel reissen könnte.
Ich geniesse diese einsamen Nachtstunden, und möchte keine von ihnen missen. Es sind Stunden in denen die Gedanken oftmals in die Vergangenheit zurückkehren, die Zukunft ausdenken und einfach die grandiose Natur bewundern. Sterne so weit das Auge reicht und Wasser, Wasser, Wasser…
Der Pazifische Ozean ist der grösste Ozean der Erde. Er ist grösser als die gesamte Landmasse unseres Globus und bedeckt mehr als ein Drittel der Erdoberfläche und hat damit eine Fläche von 170 Millionen Quadratkilometer. Der Atlantik, der Indische Ozean und das Nordpolarmeer würden in ihm Platz finden. Mehr als 4000 Meter tief ist der Pazifik in unserem Gebiet.
Und wie gross ist unser Schiff? PANGAEA weist eine Fläche von 30 Quadratmetern auf. Eine Nussschale auf dem Bodensee hat in etwa dieselbe Dimension. Ich staune darüber, dass in mir kein Gefühl des Verlorenseins oder gar Angst emporkommt. Sicher, einen richtigen Sturm haben wir bis jetzt noch nicht erlebt, und das wollen wir auch gar nicht. Die jetzigen Wellenhöhen, die unser Schiff einige Meter in die Höhe tragen und einem weit über den Ozean blicken lassen, genügen vollkommen. Ich bin froh zu wissen, dass wir unter Gottes Schutz stehen, er ein Auge auf uns hat und einige von euch für uns beten. Mercie.
Ja, so sitzt oder liegt man während der Nachtwache im Cockpit auf einem dünnen Sitzpolster, eingemummelt im Schlafsack. Neben sich eine Wasserflasche mit selber produziertem Wasser, das besser schmeckt als das nach Chlor schmeckende Hilo-Wasser. Seit dem zweiten Tag auf See haben wir unsere Entsalzungsanlage in Betrieb, welche nun täglich für 3-4 Stunden Süsswasser produziert. Der Windgenerator und die Solarzellen liefern uns soviel Strom, dass nicht nur unser Kühlschrank laufen kann, sondern wir auch unseren Laptop mit dem neusten Aktuell füttern können und unsere Akkus im Ladegerät laden können.
 
Tagsüber schimmert das Wasser wunderschön tiefblau. Der Grund dafür ist die extreme Tiefe des Wassers. Aus diesem Grund wird das Fahrtensegeln, wie wir es tun, auch Blauwassersegeln genannt. Ja, 4000 Meter tief, was gäbe es da nicht alles zu entdecken. Für einmal zieht es uns aber nicht ins Wasser, sondern wir freuen uns auf den nächsten Landfall.
Schon jetzt merken wir wie die Temperatur gestiegen ist. Das Südseeklima hat begonnen. Mit ihr beginnt auch eine andere Zeitrechnung. Waren vor gut einem Jahr Minuten entscheidend, ob man den Zug noch erwischt und dadurch eine Stunde früher zu hause war, hängt es jetzt von der Windstärke und der gesetzten Segelfläche ab, wann wir das nächste Ziel erreichen. Faktoren, die wir nur zum Teil beeinflussen können.
Was mir am heutigen Tag am meisten Mühe bereitet hat, war das feuchte Klima. Keine halbe Stunde verging, ohne dass nicht wieder ein Regenguss oder eine haushohe Welle das Cockpit unter Wasser setzte. Um uns bei Laune zu halten und um uns eine Gaumenfreude zu bereiten, beschloss ich ein typischen Schweizergericht zu kochen. Es gab Rösti mit frischem Basilikum und Schinkenstreifen und dazu einen Gurken, Mais, Tomatensalat. Nicht schlecht oder? Vor allem, weil keine ebene Werkfläche vorhanden war und man in Grätschstellung und sich mit einer Hand sichernd sich in der Pantry bewegen musste. Der nächste Laden war in diesem Moment übrigens 800km weit weg… Sogar das Wetter spielte mit. Während eines wunderschönen Sonnenunterganges geniessen wir unser Nachtessen und können später noch einen Mondaufgang erleben.
Ja, der Appetit der Jungmannschaft ist beachtlich und es kommt nicht selten vor dass Noemi bereits nach dem Frühstück noch eine Portion Spaghetti wünscht.
Sogar frische Kräuter verfeinern momentan unseren Menuplan und seit unserer Abreise von Hilo wurde erst eine einzige Büchse geöffnet. Wer da noch behauptet, Schiffsleute leben ungesund, denen können wir nicht beipflichten, den auf der PANGAEA wird nicht nur gekocht, sondern auch gebacken. Das selbstgebackene Brot schmeckt so verführerisch gut, dass es meist viel zu schnell gegessen ist… Anina und Noemi sind natürlich sofort dabei, wenn es ums kneten und formen geht. So hab ich es mir zur Gewohnheit gemacht eine Tasse mehr Mehl dazuzugeben, damit sie ihre eigene Bäckerei eröffnen können. Anina ist bereits eine gute Zöpflerin, und auch sonst entstehen die tollsten Gebilde, die aber sofort nach dem Backen in die Kindermägen verschwinden.
 
Es gibt auch Momente, da steht einem für einen kurzen Moment das Herz still. Christoph, Anina und ich sitzen im Cockpit. Noemi und Sina im Maxicosi sind auf dem Salonboden, als völlig unerwartet eine grosse Welle PANGAEA auf die Seite legt. Es gibt einen lauten Knall und es fliegen Gewürze und Bücher durch den Salon. Doch Gott bewahrt unsere Kinder vor Schaden. Alle schweren Segelbücher fliegen über sie hinweg und landen auf der anderen Seite des Salons. Die Gewürze landen beim Kartentisch, bei dem sich in diesem Moment niemand aufhält. Die Flasche mit Sojasauce zerbricht sogar und der Inhalt verschwindet zwischen den Ritzen der Bodenbretter…
 
All dieses Tagesgeschehen geht einem während der Stunden der Nachtwache noch einmal durch den Kopf und die Gedanken bleiben bei jedem einzelnen Moment noch einmal hängen. Beim Hörspiel lauschen, Aktuell und Email schreiben vergehen die letzen Stunden bis zum Sonnenaufgang wie im Flug. Ein neuer Tag mit neuen Erlebnissen beginnt…
 
Zöpflerin
 
vorwärts
 
hinauf
 
Mond