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aus der Sicht von Christoph
 
Ein Traum geht in Erfüllung. Nun sind wir also auf unserem eigenen Schiff, weit weg von der vertrauten Heimat. Aber ist das ganze wirklich Realität oder immer noch ein Traum?
Bis jetzt kenne ich einige der Clubschiffe vom Cruising Club der Schweiz (CCS) und ein paar andere Hochsee-Segelschiffe. Doch jetzt bin ich auf meinem eigenen Schiff. Bin für alle Arbeiten am Schiff, Motor, Segel, und, und, und verantwortlich. Habe ich vor gut einem Jahr die richtige Wahl getroffen? Ist das Schiff wirklich so gut, wie ich gedacht habe? Ist es nicht zu gross für uns?
Die vielen Fragen häufen sich und oft dreht sich mir der Kopf ab all der Fragezeichen. Dazu kommt noch, dass wir das ganze Schiff auf dem Kopf stellen, um zu wissen, was uns die Vorbesitzer alles auf dem Schiff an Inventar überlassen haben. Schnell merke ich, dass mir sehr viel Erfahrung fehlt, da ich bei vielen Teilen gar nicht erkenne, wofür sie da sind.
Meine Körperlänge macht mir auf dem Schiff auch zu schaffen. Es gibt keinen Ort, wo ich aufrecht stehen kann. In solchen Momenten hole ich mir immer die Antwort von Boby Schenk ins Gedächtnis zurück, wo er schreibt, dass die Stehhöhe auf einem Schiff nicht wichtig sei, da man in den Tropen sowieso die meiste Zeit an Deck ist… Nur gut, dass PANGAEA ein riesiges Deck hat. Im Moment verbringe ich aber die meiste Zeit unter Deck…
Also machen wir uns an die Arbeit, sehen alle Teile auf dem Schiff durch, führen Reparaturen durch, installieren neue Geräte und reinigen das Schiff. Hört sich ganz einfach an. Doch da sind noch zwei lebendige Kinder, die es endlich geniessen, dass der Papa immer da ist. Oft wünsche ich mir meinen ruhigen Büroplatz zurück, wo ich mich von den Kindern erholen könnte. Ein breites Lachen und eine Kuschelattacke lassen solche Gedanken aber schnell wieder verschwinden.
Diese ständige Präsenz bei den Kindern ist für mich die grösste Umstellung. Jedes Wort muss ich mir genau überlegen, bevor ich es ausspreche. Vergesse ich das, höre ich schon bald von Anina besagtes Wort aus ihrem Mund. „Habe ich das eben gesagt?" Der Spiegel ist perfekt!
Und wie war das noch gleich mit der Wärme? Jetzt weiss ich, warum es mich beim Segeln in Europa immer in den Norden gezogen hat. Mir ist es hier auf Hawaii viel zu warm! Bei der kleinsten Anstrengung läuft mir der Schweiss nur so in Strömen den Körper herunter. Wann wird sich mein Körper an diese Wärme gewöhnt haben? Oder sollten wir als erstes Segelziel doch lieber Alaska als den Südpazifik ansteuern?
Auch Anina scheint mit der Klimaumstellung Mühe zu haben. Seit wir hier angekommen sind, will sie nur ihre langen Jeans und ihren dicken Globi-Pullover anziehen. Alle Versuche, ihr kurze Hosen und ein T-Shirt schmackhaft zu machen, schlagen fehl. Sie habe kalt und wolle diese Kleider anziehen…Heimweh ist da wohl der eigentliche Grund, warum sie diese Kleider immer wieder anziehen will. Die Jeans und der Globi-Pullover sind ihre liebsten Stücke und erinnern sie an zu Hause.
 
Ich bin froh, dass uns unsere Kinder immer wieder dazu bringen, die Arbeit am Schiff ruhen zu lassen und auf Entdeckungsreise zu gehen. Ausgerüstet mit einem Doppelkinderwagen, den wir von Erika und Achim bekommen haben, machen wir uns schon in der ersten Woche auf an den Strand. Die Zeitumstellung lässt uns schon in den frühen Morgenstunden (04:00) aufbrechen. Die Sonne ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgegangen und es ist angenehm kühl.
Am Strand vor dem Hilton-Hotel ist eine Sandplaniermaschine unterwegs. Sie ebnet den am Vortag von vielen Leuten aufgewühlten Sand aus. Die Hotelgäste sollen einen makellosen Strand antreffen, wenn sie nach dem Frühstück ihr grün-weiss gestreiftes Badetuch zum Meer tragen.
Anina und Noemi sind aber vom Sand und Wasser gar nicht begeistert. Nur zögerlich beginnen sie in dem grossen Sandkasten zu spielen. Schon bald entstehen hier aber tiefe Löcher und hohe Berge. Doch was gibt es da am Ende des Strandes zu sehen? Unsere zwei Kinder scheinen gar keine Vorliebe für das nasse Element zu haben. Anina und auch Noemi sind überhaupt nicht dazu zu bewegen ins Wasser zu steigen. Die kleinste Welle lässt sie schreiend wieder an den Strand springen. Auch im Pool von Erika und Achim wollen die zwei einfach nicht ins Wasser. Sie sitzen viel lieber am Poolrand und halten ihre Füsse ins Wasser. Hier lässt es sich so schön spritzen. Doch den ganzen Körper ins Wasser? Und dann auch noch den Kopf unter die Wasseroberfläche? Sicher nicht. In mir regen sich grosse Zweifel. Wir leben auf einem Segelschiff und meine zwei Töchter sind wasserscheu!!!
Doch schon nach wenigen Tagen beginnt sich diese Scheu zu legen und Anina und Noemi beginnen mit dem Wasser zu spielen. Das beruhigt mich wieder ein wenig.
 
Es gibt viel Neues zu entdecken aber auch zu lernen. Als nächstes steht Haarschneiden auf dem Programm. Anina und Noemi kommen mit ihren langen Haaren nicht mehr zu recht. Bei der herrschenden Wärme und dem Salzwasser verkleben die Haare schnell und das morgendliche Bürsten wird zu einer Tortour. Den Gang zum Coiffeur wollen wir uns sparen und so greift Susan selber zur Schere. Die Kinder sind nach getaner Arbeit nicht wieder zu erkennen und wir müssen uns erst an die Veränderung gewöhnen.
Die einfachsten Arbeiten an Bord müssen zuerst gelernt werden. Wie macht man einen guten Tauabschluss? Wie spleisst man ein Tau? Wie flickt und näht man ein defektes Segel? Wie wechselt man einen Oelfilter am Motor? Wie bedient man die Wind-Selbststeueranlage? Und, und, und…
 
Ich bin gespannt, was wir noch alles erleben und lernen werden und ich freue mich auf die kommende Zeit.
 
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