06.05 - 08.05.2005
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Beim ersten Tageslicht machen wir uns auf den
Weg. Finike verschwindet rasch, als wir eine erste Landzunge runden.
Noch sind wir alleine unterwegs doch schon bald tauchen die ersten
grossen Tourenboote auf. Mit atemberaubender Geschwindigkeit pflügen
sie sich unter Maschine durchs Wasser. Über 8000 Kilometer Küstenlinie
und die vier Meere Mittelmeer, Ägäisches Meer, Marmarameer
und Schwarzes Meer machen die Türkei zu einem Land von Buchten,
Lagunen und Meeresarmen. Ein beliebtes Gebiet für Freunde des
Wassersports. |
Die morgendliche Flaute verschwindet rasch. Der
anfängliche Nordwind dreht auf Südost und nimmt stetig zu.
Der Motor darf schweigen und PANGAEA zieht nur unter der Genua durchs
Wasser. Um nicht bei Nacht in Fethiye anzukommen, haben wir von Beginn
weg einen Stop auf der Insel Ro eingeplant. Obwohl sie unmittelbar
vor der türkischen Küste liegt und es bis nach Rhodos über
120 Kilometer sind, gehört diese Insel zusammen mit Kastellorizo
und einigen weiteren kleineren Inseln zu Griechenland. Auf der Südseite
gibt es einen guten Ankerplatz, den wir nun ansteuern. |
Kurz vor der Bucht rauscht die Genua aufs Deck
und der Motor ist wieder an der Reihe. Einmal mehr bin ich überrascht,
wie man sich von der Seekarte täuschen lassen kann. Die Bucht
ist in Wirklichkeit viel kleiner und was viel schlimmer ist, sie ist
bei diesem Wind und der herrschenden Dünung überhaupt nicht
sicher. Noch bevor wir die enge Einfahrt passiert haben, drehen wir
ab, setzen die Genua wieder und segeln dem Ufer entlang weiter. Wir
müssen uns für unsere Pause einen anderen Platz suchen. |
Auf der Leeseite der Insel finden wir eine winzige
Bucht. Langsam nähern wir uns dem Ufer. Heftige Böen fegen
von den steilen Felswänden aufs Wasser hinunter. Die Felsen am
Land kommen immer näher und das Tiefenmeter zeigt noch immer
zu viel Tiefe an. Rasant steigt der Untergrund an. Keine hundert Meter
vom Land entfernt fällt der Anker. Er kommt auf blankem Fels
zu liegen und hat keine Chance sich einzugraben. Nun, wir wollen nicht
lange bleiben und bis am Abend wird er PANGAEA schon an Ort und Stelle
halten. |
Ein kleines griechisches Fischerboot tuckert schon
seit einiger Zeit an der felsigen Küste hin und her. Der Fischer
legt Fangkörbe und Netze aus. Immer wieder passiert er unseren
Ankerplatz. Jetzt fährt er sogar vor unserem Bug durch und will
gerade ein weiteres Netz auslegen. Wir greifen ein und fordern Einhalt.
So können wir im letzten Moment verhindern, dass unser Anker
von seinem Netz zugedeckt wird und wir in der kleinen Bucht gefangen
sind. |
Der Fischer ist in keiner Art und Weise verärgert.
Im Gegenteil. Er warnt uns, dass in der nächsten Nacht der Wind
noch viel stärker werden wird. Wir sollen unter keinen Umständen
in der kleinen Bucht bleiben, das sei viel zu gefährlich. Ein
lokaler Fischer wird die Wetter- und Windverhältnisse am besten
kennen und so verlassen wir kurze Zeit später unseren Rastplatz,
setzen die Fock und rauschen mit schönstem Rückenwind über
das Wasser in Richtung Fethiye. |
Diverse Leuchttürme weisen uns den Weg durch
die dunkle Nacht. Manchmal sind die Sterne hell und deutlich am Himmel
zu erkennen und im nächsten Moment schiebt sich eine Wolkenwand
vor sie. Die Wellen sind steil und hoch geworden. Zum Glück laufen
sie von hinten unter dem Schiff durch und wir spüren sie nicht
gross auf und unter Deck. Zum Schlafen ist es sehr angenehm, wenn
das Schiff ein wenig schaukelt. Meine vier Frauen schlummern friedlich
in den Kojen. Ich geniesse die Stille der Nacht. |
Wir biegen ab, in Richtung Bucht von Fethiye.
Schlagartig stellt der Wind ab und die Fock hängt schlaff am
Vorstag. Wow, ich hätte nie gedacht, dass die Abdeckung der Berge
einen so gewaltigen Einfluss auf den Wind hat. Wir sind nämlich
von der Küste etliche Seemeilen entfernt. Unter Maschine laufen
wir weiter. Es ist empfindlich kalt und ich habe mich warm eingepackt.
Die Motorraumentlüftung haben wir seit längerem nicht mehr
in Betrieb. Mit der Abwärme des Motors heizen wir das Schiff. |
Die Stadt Fethiye liegt an einer kleinen Bucht
innerhalb der grossen Bucht von Fethiye. Eingerahmt von hohen Bergen
bietet die Bucht absoluten Schutz vor Wind und Wellen. Im Morgengrauen
passieren wir die 500 Meter breite Einfahrt und gleiten über
das spiegelglatte Wasser dem südlichen Ende entgegen. Gemäss
Hafenhandbuch hat es dort einen Ankerplatz neben der Stadtmole. |
Von besagter Mole ist nicht mehr viel zu sehen.
Vor uns breitet sich eine riesige Marina aus. Die Masten von hunderten
von Schiffen ragen in den Himmel. Motorboot, reiht sich an Motorboot,
Segelyacht an Segelyacht. Weder in der Seekarte, noch im Hafenhandbuch
ist diese Marina eingezeichnet. Sie muss demnach in den letzten zwei
Jahren entstanden sein. Ob wir hier überhaupt ankern können
und düefen? Wir nähern uns dem angegebenen Ort und atmen
erleichtert auf. Bereits liegen etliche andere Segelschiffe vor Anker.
Zwischen dem Ufer und dem letzten Schwimmsteg der Marina fällt
unser Anker. Wir liegen in unmittelbarer Nähe von Charterschiffen,
Tourenbooten und einem riesigen Katamaran. Auf der kleinen Mole eines
Hotels steht Liegestuhl neben Liegestuhl. |
Bei unserem ersten Landgang sind lange Hosen,
Pullover, Socken und Schuhe bei der ganzen Familie eine Selbstverständlichkeit.
Unmittelbar neben dem Hotel legen wir mit unserem Dingi unter einer
Tanne an. Was denken wohl die Hotelgäste, die sich in ihren Badekleidern
in den Liegestühlen sonnen, von uns? |
Fethiye ist Ein- und Ausklarierungshafen. Wir
wollen herausfinden, ob wir am nächsten Tag (Sonntag) unsere
Papiere für die Weiterfahrt nach Griechenland bei den Behörden
vorbei bringen können. Das Gebäude des Zolls finden wir
auf Anhieb. Ein Beamter ist anwesend. Englisch spricht er nur schlecht.
Mit Händen und Füssen bekommen wir die Information, dass
auch am Sonntag jemand anwesend sei und wir dann ausklarieren könnten.
Um diese wichtige Information reicher, begeben wir uns auf Entdeckungstour
durch Fethiye. |
Gegenüber der Zollbaracke liegen die Gebäude
der Marina. Alles ist in bestem Zustand und offensichtlich erst vor
kurzem fertig gebaut worden. Viele der Räumlichkeiten stehen
leer und werden zur Vermietung angeboten. Im eigentlichen Marinabüro
steht in einer riesigen Glasvitrine das Modell der Marina-Anlage.
Ein gigantisches Projekt mit Schwimmbad, Hotel, Tennisplatz und was
man sich als "geplagter" Segler sonst noch so alles wünschen
kann. |
Die Anlage hat sogar einen eigenen Supermarkt
zu bieten. Die wichtigsten Produkte, die für einen Segeltörn
gebraucht werden, sind hier zu haben. Bier, Wein, Süssgetränke,
Snacks, etc. Die Preise sind hoch. In einer Weinvitrine entdecke ich
eine Flasche, die gleich viel kostet, wie unsere 300 Liter Diesel!
Die Rechnung der Betreiber scheint trotzdem aufzugehen. Die vielen
Gäste, die von dieser Marina aus ein Segelschiff gechartert haben,
wollen nicht Kilometer weit gehen, um ihre Lebensmittel für zwei
Wochen einzukaufen. Und wer sich Urlaub auf einem Segelschiff leisten
kann, braucht sich um die Preise der Esswaren keine grossen Gedanken
mehr zu machen. |
Der Schwimmstegkomplex der Marina mit den "kleinen"
Schiffen ist zu Ende. Die Uferpromenade zieht sich bestimmt noch zwei
Kilometer weiter. Restaurants, Kaffees und Souvenirshops säumen
die Promenade. Vor Buganker und mit dem Heck zur Pier reiht sich ein
Tourenboot ans nächste. Es müssen hunderte von diesen über
30 Meter langen Segelschiffen sein, die auf Gäste warten. |
Hand in Hand schlendern wir den Schiffen entlang
und bestaunen die grossen Plakate, welche die Ausflüge anpreisen.
"12 Insel Tour", "Ülüdeniz Tour", "Göcek
Markt und Boot Tour". "Wir laden Sie ein, die unberührten
Schönheiten der Natur, die Maximen der Ägäis und des
Mittelmeers zu entdecken." Immer wieder werden wir von Anbietern
angesprochen, die uns eine Tour verkaufen wollen. Neugierig informieren
wir uns: "Sein Schiff verfüge über ein eigenes Sonnendeck
und eine spezielle Kabine für die Kinder. Wenn es in einer Bucht
zu viele Schiffe habe, dann fahre er weiter zu einer anderen Bucht,
wo weniger Boote seien." Dabei zeigt er auf sein Plakat mit absurden
Bildern. Ein Bild zeigt das Sonnendeck. Badetuch liegt neben Badetuch
und auf jedem liegt ein noch bleicher Tourist. Das Bild der einsamen
Bucht sieht ziemlich überfüllt aus. Lediglich zehn Tourenboote
machen sich den Platz streitig. Es liegt mir auf der Zunge, dem netten
Mann von unserem Ankerplatz in Chagos zu erzählen. Ich beherrsche
mich. |
"Fethiye liegt an einer sehr schönen
Bucht mit vielen liebevoll restaurierten Häusern und Basaren.
Der wunderschöne Küstenstreifen ist ideal für Wassersportler
und Naturfreunde." Die Stadt lebt vom Tourismus. Die Vermarktung
der Küste und die damit verbundene Belastung der Natur stimmt
uns nachdenklich. Bleibt zu hoffen, dass die Anbieter ihrer Ressource
Sorge tragen, damit auch weitere Generationen die Schönheit geniessen
können. |
Unsere Girls mischen sich unter die Kinder aus
allen möglichen Ländern und verschaffen sich auf dem Spielplatz
Bewegung. Papa darf natürlich nicht fehlen, da er auf dem Schiff
auch zu wenig Bewegung bekommt. Rutschbahn runter und als nächstes
über das Klettergerüst zum nächsten Turm. Auf der Schaukel
habe ich leider keinen Platz mehr. Ich bin zu breit
Was die
anderen Eltern von mir denken? Einerlei! Ich geniesse es mit meinen
Kindern zusammen. Susan stürzt sich in den nahen Bazar. Schon
nach kurzer Zeit ist sie zurück. Kein Markt nach ihren Vorstellungen,
sondern lediglich Stände angefüllt mit Kitsch und Ramsch. |
Der Abend bricht herein. Die Promenade füllt
sich mit Menschen. In den Restaurants herrscht Hochbetrieb. Es ist
Nebensaison und ich versuche mir das Gedränge im Hochsommer vorzustellen. |
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Fethiye liegt wie Finike von Bergen eingebettet
am Wasser. Auf dem Weg in die Höhe stossen wir immer wieder auf
archäologische Stätten: Mitten in der Stadt direkt neben
der Hauptstrasse stehen die Überresten eines Amphitheater; hoch
über der Stadt kleben die Mauern einer Johanniter-Festung am
Felsen und lykische Felsengräber. Geschützt wie ein See
liegt die Bucht von Fethiye zu unseren Füssen. Segelschiffe pflügen
durchs Wasser. |
Wenn wir den Zollbeamten richtig verstanden haben,
dann sollen wir am Sonntag um 17 Uhr vorbeikommen und die Formalitäten
erledigen. Das erscheint uns reichlich spät und am frühen
Nachmittag mache ich mich zusammen mit Anina und Noemi auf den Weg
zum Zoll. Der Beamte vom Vortag ist nicht anwesend und die Büros
sind bis auf eines leer. Hier sitzt eine Dame in zivil, liest in einem
Buch und schaut gleichzeitig Fernsehen
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Die Frau erklärt mir, dass wir zuerst bei
der Hafenkontrolle und bei der Passpolizei vorbei müssten. Erst
wenn das Transit Log mit diesen Stempeln versehen sei, könnten
wir bei ihr vorbei kommen. Sie greift zum Telefon. Im Anschluss an
das Gespräch begleitet sie uns zur Passpolizei. Die Formalitäten
hier sind schnell erledigt. Jetzt also noch zur Hafenkontrolle. |
Wir müssen den halben Kilometer zurück,
den wir schon gekommen sind und stehen vor verschlossener Tür.
Ein Polizeibeamter erklärt uns: "Harborcontrol, Monday 9
o'clock open
" Wir marschieren zurück zum Zoll und
erklären der Dame unser Problem. Sie greift erneut zum Telefon
und schickt uns erneut zur Hafenkontrolle. Extra für uns erscheint
der Hafenmeister und stempelt unser Papier. Zwei Minuten später
marschieren wir wieder zurück zum Zoll. Die Passpolizei, die
an unserem Weg liegt, hat bereits geschlossen. |
Alle Stempel sind in Ordnung und die Zolldame
drückt ihren dazu. Sie überreicht uns unseren Durchschlag.
Wir haben ausklariert. Hinter uns schliesst die Beamtin die Büros
und macht Feierabend. 17 Uhr ist es noch lange nicht
Den Weg
zwischen Hafenkontrolle und Zoll haben wir lediglich sechs Mal bewältigt. |
Die Geschäfte in den Strassen und Gassen
haben trotz Sonntag geöffnet. Die vielen Touristen wollen in
ihrem kurzen Urlaub jede Minute ausnutzen. Versteckt im Innenhof eines
Gebäudekomplexes befindet sich ein Gemüse-, Früchte-
und Fischmarkt. Die Auswahl ist riesig und die Waren von guter Qualität.
Hier auf dem Festland ist der Einkauf von Frischprodukten sicher einfacher,
als auf den Griechischen Inseln. Der mitgebrachte grosse Rucksack
füllt sich schnell und an jeder verfügbaren Hand baumelt
eine Plastiktüte. Feine Trauben bringen die Augen unsere Kinder
zum Leuchten. Kurzerhand übergibt uns der Standbesitzer eine
ganze Handvoll, welche in Windeseile verschwindet. |
Die Fische auf dem Fischmarkt erregen unser Interesse.
Unsere Angelleine haben wir im Mittelmeer bis anhin vergeblich nachgezogen.
Um so grösser ist unser Staunen, als wir die riesigen Fische
sehen, die hier angeboten werden. Wer hier seinen Fisch kauft, kann
diesen einem der Restaurants übergeben, welche rund um den Fischmarkt
angeordnet sind. Kurze Zeit später bekommt der Gast den Fisch
fertig zubereitet serviert. Eine clevere Idee. Welcher Tourist würde
sonst einen Fisch auf dem Markt kaufen? |
Nicht nur Früchte, Gemüse und Fisch
ist auf dem Markt zu finden, sondern auch Gewürze, getrocknetes
Gemüse, Nüsse, allerlei Tee und türkische Süssigkeiten.
Wir dürfen von der unendlichen Palette kosten. Für unseren
Gaumen sind diese Süssigkeiten aber gewöhnungsbedürftig. |
Schwer beladen gehen wir der Promenade entlang
zurück zum Schiff. Von den Tourenabietern werden wir nicht mehr
angesprochen. Ob man uns jetzt ansieht, dass wir keine normalen Touristen
sind? Wahrscheinlich schon, denn nicht jeder Reisende schleppt solche
Mengen an Lebensmitteln durch die Gegend. |
PANGAEA und auch die Crew sind bereit für
die Weiterfahrt in den frühen Morgenstunden des nächsten
Tages. Bis nach Rhodos sind es 50 Seemeilen. Wir sind gespannt, ob
wir am Abend unsere Gäste begrüssen können. |
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