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08.06 - 09.06.2005
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Die Segel sind prall gefüllt. Kleine Schaumkronen
bilden sich auf den Wellenkämmen. Den Wettervorhersagen zum Trotz
bläst der Wind aus West und nicht aus Nordost. Das nutzen wir
aus und in rauschender Fahrt geht es über den Golf von Triest.
Schnell verschwindet der Leuchtturm der Kroatischen Küste hinter
uns. Boote sind überall. Segelschiffe mit beängstigender
Schräglage schiessen an uns vorbei. Frachtschiffe pflügen
unbeirrt durchs Wasser. Sie machen keine Anstalten, ihren Kurs auch
nur um ein winziges Grad zu ändern, um eine Kollision zu verhindern.
Wir sind es, die reagieren müssen. Ein beachtlicher Schiffsverkehr
herrscht am nördlichen Ende der Adria. |
Mir ist komisch zu Mute. Ich verbringe die meiste
Zeit im Cockpit und schaue nach Vorne, in die Ferne. Vor uns erheben
sich die Schnee bedeckten Alpen. 20 Seemeilen sind es bis zur Marina,
wo wir PANGAEA an Land stellen wollen. Was erwartet uns dort? Werden
wir einen guten Platz für PANGAEA vorfinden? Wie geht unsere
Rückreise mit der Bahn von statten? Wann werden wir unser Schiff
verkaufen können? Wie und wann werden wir in der Schweiz ankommen?
Wer wird uns wohl am Bahnsteig begrüssen? Wir haben drei Jahre
lang auf Gott vertraut und ich will auch unsere Zukunft in seine Hände
legen. |
Die Sonne strahlt auf das frisch gewaschene Land.
Die Wolken formieren sich zu den faszinierendsten Gebilden. Die Eine
kommt im leuchtend weissen Ballkleid daher. Die nächste blickt
drohend, dunkel vom Himmel und lässt ein paar Regentropfen fallen.
Die Küste von Monfalcone kommt näher. Wo ist die Einfahrt
in das Kanalsystem, wo unsere Marina liegt? Auf unserer Seekarte ist
lediglich eine weisse Fläche zu sehen. Weder Tiefenangaben noch
Seezeichen sind eingezeichnet. Vor dem Kanalsystem ist eine Muschelfarm
eingetragen. "Always under water" steht dort. Ob wir einfach
darüber hinweg fahren können? Ein riesiges Feld von roten,
grünen, schwarzen, weissen und gelben Bojen taucht auf: Besagte
Muschelfarm. Es gibt nur den Weg darum herum. |
Hoch über dem steilen Felsen prangt ein mächtiges
Schloss. Welche Märchenprinzessin dort wohl zu Hause ist? Ich
überlasse das Wachküssen der Prinzessin einem anderen Prinzen
und konzentriere mich auf das, was vor unserem Bug passiert. Deutlich
erkenne ich nun den roten und grünen Pfosten der Einfahrt in
den Kanal und dahinter duzende weitere Pfosten. Ich reduziere die
Geschwindigkeit. Von unserer Marina wissen wir nur den Namen und die
Koordinaten. Wir haben weder ein Bild von ihr gesehen, noch wissen
wir, wie gross sie ist. Machen wir uns auf die Suche. Hoffentlich
ist das Kanalsystem nicht so verworren wie dasjenige von Venedig. |
Langsam passieren wir die ersten zwei Pfosten.
Der Kanal ist keine 30 Meter breit. Tiefe? 3 Meter
Meine Augen
wandern zwischen Kanal und Tiefenmesser hin und her. Auf der linken
Seite gleitet ein Schilfgürtel vorbei und auf der rechten Seite
breitet sich ein Tannenwald aus. Wir fahren mitten durch die Natur.
Immer wieder sind am Ufer Stege angebracht und Boote vertäut.
Einige von ihnen sind mehr unter als über Wasser. Alle Schiffe
sind um Stufen kleiner als unsere PANGAEA. Zweifel kommen auf. Ist
die von uns angesteuerte Marina auch fähig, unser Schiff aus
dem Wasser zu heben? |
Ein leichtes Vibrieren ist zu spüren. Susan
schaut mich mit grossen Augen an. Mein Blick wandert zum Tiefenmesser.
2 Meter! "Wir stecken fest!" "Warum fährst Du
auch so nahe am Rand des Kanals?" fragt meine Frau vorwurfsvoll.
"Sorry, bin etwas vom Weg abgekommen." Etwas mehr Schub
und PANGAEA bewegt sich wieder. Zwischen Kiel und Grund hat es wieder
genug Wasser. Ich war zu fest damit beschäftigt, die schöne
Umgebung zu betrachten. |
Die Kanalfahrt ist ein Genuss und wegen der knappen
Wassertiefe ein wahrer Nervenkitzel. Immer weiter führt der Wasserweg
ins Land hinein. Ob wir am Schluss in einem grossen Industriegebiet
landen werden? Ich befürchte es. Eine letzte Kanalbiegung und
vor uns tauchen die Masten von hunderten von Schiffen auf. Die vor
uns liegende Marina ist riesig. Das habe ich nach dieser schönen
Kanalfahrt nicht erwartet. Langsam fahren wir auf die Stege zu. Am
Land erkenne ich eine Tafel mit dem Namen der Marina: Cantiere Nautico
Cadei. Wir sind am richtigen Ort. Auf der den Schwimmstegen gegenüberliegenden
Kanalseite sitzen etliche Fischer und halten ihre Angel ins Wasser.
Hinter ihnen breitet sich ein Wald aus. Laut zwitschern Vögel.
Ein idyllisches Bild. Von einem lärmigen, schmutzigen Industriegebiet
keine Spur. Hier gefällt es uns! Hier werden wir bleiben! |
Ankommen? Festmachen? Bleiben? Mehr als drei Jahre
waren wir nun unterwegs. Immer wieder haben wir den Anker gehoben
und sind weiter gesegelt. Doch hier ist unsere Familen-Seereise zu
Ende. 19'420 Seemeilen haben wir mit PANGAEA zurück gelegt. Mehr
als den halben Erdball haben wir auf eigenem Kiel umrundet. Wir haben
Plätze auf dieser Erde kennengelernt, von der wir keine Vorstellung
hatten. Wir sind den unterschiedlichsten Menschen begegnet und durften
überall neue Freundschaften schliessen. Geniessen und Langsamkeit
sind uns ins Blut übergegangen. |
Geduld und Ausdauer werden wir für die nächsten
Tage brauchen, denn eine Menge Arbeit wartet auf uns, bevor wir uns
auf den endgültigen Rückweg in die Schweiz machen können.
Als erstes und nächstes soll PANGAEA an Land kommen. Wir gehen
längsseits eines anderen Schiffes und Suchen das Marinabüro
auf. Die grosse Marina entpuppt sich als Gebilde aus drei verschiedenen
Anlagen und wir sind in der falschen gelandet
Als wir unseren
Fehler realisieren, ist in der Nautico Cadei bereits niemand mehr
anwesend. Einen freien Platz finden wir in ihren Schwimmstegen auch
nicht. Wir sprechen mit dem Besitzer der Ocean Marine und PANGAEA
darf die Nacht am falschen Ort verbleiben. Wir müssen dafür
nicht einmal etwas bezahlen. Das überrascht uns, denn wir wissen
von einer anderen Marina am Nordende der Adria, in der eine Nacht
am Steg 52 Euro für unser Schiff kostet
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Bereits in der Morgendämmerung warten die
Fischer am gegenüberliegenden Ufer darauf, dass ein Fisch anbeisst.
Wir warten darauf, PANGAEA aus dem Wasser nehmen zu können. Um
14 Uhr ist es so weit. Wir fahren in die Box unter den Travellift
und kurze Zeit später hängt unsere Dame in den Gurten. Das
Unterwasserschiff muss von Algen und Muscheln befreit werden. Ein
Hochdruckreiniger erleichtert die Arbeit. Dann steht PANGAEA an ihrem
neuen Platz auf dem Trockenen. Es gibt viel zu tun. Packen wir's an. |
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Leuchtturm SAVUDRIJA |
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Schräglage |
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Muschelfarm |
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Schloss |
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Parkplatz |
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Warte... |
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bereit |
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Kanal |
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Marina |
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...Position |
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an Land |
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